Forschungsquartett | Treuhand

Was bleibt von der Treuhand?

Mit der Treuhand sollten tausende ostdeutsche Unternehmen vor dem Ruin bewahrt werden. Das Ziel: Privatisieren und sanieren. Dadurch sind hunderte Unternehmen geschlossen worden. Was bleibt bis heute von der Treuhand?

Das Forschungsquartett – dieses Mal in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO)


Treuhand — Eine Anstalt für den Osten

Am 9. November 1989 ist die Berliner Mauer gefallen und die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland zur Realität geworden. Bevor die SED-Regierung endgültig abgetreten ist, hat sie in einer ihrer letzten Amtshandlungen die Treuhand ins Leben gerufen. Am 1. März 1990 ist deshalb die Treuhand gegründet worden, um das ostdeutsche Volkseigentum zu bewahren. Dabei ist es Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Anstalt gewesen, Millionen Mitarbeitende in über 8 000 Unternehmen zu verwalten.

Am Anfang haben beide Seiten die Hoffnung geteilt, dass man schnell westdeutsche Verhältnisse in Ostdeutschland herstellen kann. Es ist klar, es wird eine schnelle Vereinigung zwischen Ost- und Westdeutschland geben, und damit muss auch das westdeutsche Wirtschaftssystem eins zu eins auf Ostdeutschland übertragen werden.

Max Trecker, Historiker am GWZO

Foto: GWZO

Wachsende Kritik nach anfänglicher Euphorie

Bereits zur Gründung der Treuhand hat es kritische Stimmen gegeben. Viele ehemaligen DDR-Bewohnerinnen und -bewohner hatten auf ein zweites Wirtschaftswunder gehofft, das jedoch nicht eingetreten ist. Stattdessen haben Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verloren.

Die Kritik an der Treuhand hat sich dabei auch gegen den Chef der Anstalt, Detlev Rohwedder, gerichtet. Daraufhin ist er in das Fadenkreuz der linksextremistischen RAF geraten und am 1. April 1991 von einem RAF-Scharfschützen erschossen worden.

Seine Kollegin Birgt Breuel hat die Leitung der Treuhand daraufhin übernommen. In einer Dokumentation des Mitteldeutschen Rundfunks erinnert sich Birgit Breuel: „Wir haben wirklich den Menschen sehr viel zugemutet. Da haben sie sicher enorm gelitten und uns gehasst, mich gehasst. Ich war die Hassfigur im ganzen Land.“

30 Jahre später

Im Sommer 1994 ist die Treuhand dann in „Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ umbenannt worden. Die Treuhand ist damit Geschichte gewesen. Dennoch polarisiert sie auch fast 30 Jahre später immer noch. 2019 haben sowohl die AfD als auch die Partei Die Linke Wahlkampf mit der Forderung nach einem Treuhand-Untersuchungsausschuss im Bundestag gemacht. Damit sollten Wählerstimmen im Osten gewonnen werden.

Außerdem sind 2021 fast 60 Regalkilometer an Treuhandakten vom Staatsarchiv freigegeben worden. Mit der Aufarbeitung beschäftigen sich seither Historikerinnen und Historiker, aber auch Journalistinnen und Journalisten.

Es ist immer noch ein polarisierendes Thema. Und mit dieser Erfahrung der 90er Jahre kann man wenigstens einen Teil der heutigen gesellschaftlichen Probleme und der Wahrnehmungen von Problemen vor allem in Ostdeutschland erklären.

Max Trecker, Historiker am GWZO

Welche Aufgaben hat die Treuhandanstalt ausgeübt? Warum war sie von Anfang an umstritten? Und welches Erbe hinterlässt die Treuhand bis heute? Diese Fragen klärt detektor.fm-Moderatorin Sara-Marie Plekat mit ihrer Kollegin Alina Metz in der neuen Ausgabe des Forschungsquartetts. Alina hat für diese Kooperationsfolge mit Max Trecker vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) gesprochen. Trecker ist Historiker am GWZO und arbeitet im Teilprojekt „Sozialistische Entwicklungsmodelle für die ‚Dritte Welt'“ und hat in den vergangenen Jahren zur Treuhand geforscht.