Fett | Das Problem Palmöl

Nutella-Boykott oder nicht?

Nutella-Boykott! Mit dieser Forderung hat die französische Umweltministerin Ségolène Royal in dieser Woche für Aufregung gesorgt. Für das darin verwendete Palmöl würden Wälder gerodet, so die Ministerin. Greenpeace hat den Hersteller Ferrero in Schutz genommen. Ferrero sei eines der fortschrittlichsten Unternehmen im Umgang mit Palmöl. Ségolène Royal hat sich inzwischen für ihren Aufruf entschuldigt. Doch die Frage bleibt: Was macht Palmöl so wichtig für die Industrie? Worauf kann man als Verbraucher achten?

Was haben Schokolade, Brotaufstrich, Lippenstift, Treibstoff, Waschmittel und Tiefkühlpizza gemeinsam? Sie alle enthalten Palmöl. Das Produkt aus der Ölpalme ist fast überall enthalten. Als Verbraucher ist es deshalb kaum möglich, den Konsum von Palmöl zu vermeiden. Doch das einst als nachhaltig gepriesene Produkt steht in der Kritik.

Den Falschen erwischt?

Für den Boykott des Rohstoffs hat sich die französische Umweltministerin Ségolène Royal jedoch das falsche Unternehmen ausgesucht. Ferrero nimmt beispielsweise am – nicht umunstrittenen – Runden Tisch für nachhaltig produziertes Palmöl (ROSP) teil, der unter Mitarbeit von Umweltschutzorganisationen gewisse Mindeststandards für die Produktion und den Einsatz von Palmöl definieren soll. Darüber hinaus hat sich das italienischstämmige  Unternehmen selbst verpflichtet, keinerlei  Palmöl mehr von Plantagen für ihre Produkte  zu verarbeiten, für die zumindest in der jüngsten Vergangenheit Regenwald gerodet worden ist. Außerdem macht es seine Lieferkette transparent. Selbst Greenpeace erkennt die Bemühungen Ferreros an.

Royal hat sich darauf hin bei Ferrero entschuldigt.

Ökologische und sozialethische Probleme

Dennoch: Der Anbau von Palmöl ist nicht unproblematisch. Werden große Agrarprojekte realisiert, hat oftmals die lokale Bevölkerung das Nachsehen. Denn die Nachfrage nach Palmöl steigt kontinuierlich und die Anbaufläche für die Palmöl-Produktion ist in den letzten 20 Jahren in den Haupt-Anbauländern Malaysia und Indonesien fast verzehnfacht worden. Kritisch zeigen zahlreiche Medienberichte und Aufklärungskampagnen von Umweltschützern wiederholt und eindringlich, wie wenig Rücksicht dabei auf die Bedürfnisse der regionalen Bevölkerung und auch auf ökologische Belange genommen wird. So sind lokale Völker vertrieben, Urwälder großflächig gerodet, ökologisch wichtige Torfböden zerstört und Ölpalmen-Monokulturen soweit das Auge reicht angepflanzt worden. In den letzten Jahrzehnten sind allein in Indonesien neue Ölpalmen-Plantagen auf mehreren Millionen Hektar angelegt worden. Für die Hälfte davon sind Wälder abgeholzt worden.

Fehler liegt an anderer Stelle

Es ist der Eindruck entstanden, die französische Politikerin wollen bevormunden und etwas verbieten, das Verbraucher gerne essen. Könnte Royal nicht den Verzicht auf Palmöl als Energiequelle vorantreiben und zeigen, dass es möglich ist, regenwaldfreundliche Politik zu betreiben?

Denn die Konsumenten haben eine Schlüsselrolle. Schließlich fürchten sich Firmen vor kaum etwas so sehr, wie vor dem Verlust ihres guten Rufs. Wenn die Konsumenten sich gezielt von bestimmten Produkten abwenden, weil diese ein schlechtes öffentliches Ansehen bekommen, wandeln sich Unternehmen womöglich schneller, als wenn Boykottaufrufe auf taube Ohren stoßen.

Über das Pflanzenfett und seine Probleme hat detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange mit Melanie Pichler vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien gesprochen.  Sie hat ein Buch über die Expansion der Palmölproduktion geschrieben. Es heisst „Umkämpfte Natur“ und ist beim Verlag Westfälisches Dampfboot erschienen.

Der enorme Anbau vom Palmöl führt zu einen Verlust von Biodiversität, also der Artenvielfalt, weil die Palmölplantagen Monokulturen sind. Dort können all diese Tier- und Pflanzenarten, die vorher im Regenwald gelebt haben, nicht mehr existieren.Dr. Melanie Pichler 

 Redaktion: Andreas Schmaltz / Carsten Jänicke