Was wichtig wird | Inflation und Onlinehandel

„Japan lebt auch immer noch“

Der Onlinehandel verschärft den Wettbewerb und drückt die Preise. Das hat Folgen für Statistiker und Notenbanken. Die Preismessung wird komplizierter – und das Inflationsziel der Währungshüter fragwürdiger, sagt Malte Fischer, Chefvolkswirt der WirtschaftsWoche.

Inflation = wieviel teurer wird es?

Früher hat ein einzelner Cola-Kracher in der gemischten Tüte fünf Pfennig gekostet. Ein Paradebeispiel für Inflation, denn heute sind es zehn Cent. Die Inflation benennt, wie stark die Preise steigen. Steigen sie sehr stark, während die Löhne gleich bleiben, sorgt das natürlich für Unmut bei den Verbrauchern. Und im Ausland sieht man gerade wieder: Wenn Waren des Grundbedarfs zu teuer werden, kann das sogar Regierungen stürzen.

Probleme mit der Preismessung

Die Inflationsrate wird für gewöhnlich über einen Durschnitt errechnet. Dessen Basis ist ein so genannter Warenkorb. Darin sind die Dinge enthalten, die ein durschnittlicher Haushalt konsumiert. Allerdings wird dieser Preisindex immer monatlich zu seinem Stichtag ermittelt. Und den Onlinehandel stellt diese Methode vor Probleme:

Im Internethandel funktioniert dieses Verfahren nur eingeschränkt. Und das liegt daran, dass sich die Preise im Online-Bereich sehr schnell ändern. Sie ändern sich schnell und sie ändern sich stark. – Malte Fischer, Chefvolkswirt bei der Wirtschaftswoche

Sind zwei Prozent realistisch?

Zwar haben die Volksökonomen mittlerweile Methoden, dieses Phänomen zu berücksichtigen. Aber der Onlinehandel sorgt prinzipiell auch dafür, dass die Inflation nicht so hoch ist wie die Europäische Zentralbank sie gerne hätte. Die betrachtet zwei Prozent als ideal. Dieses Ziel ist aber schwer zu erreichen, wenn der boomende Onlinehandel die Konkurrenz unter den Händlern erhöht.

Tendenziell haben die Preise im Internet die Eigenschaft, dass sie die Inflation verringern. – Malte Fischer, Chefvolkswirt bei der Wirtschaftswoche

Außerdem gehören viele Dinge, die früher als Luxus galten, heute zum täglichen Bedarf. Und sind im Schnitt deutlich billiger geworden. Zum Beispiel Smartphones, Tablets und andere Technik-Produkte. Auch das hat einen dämpfenden Effekt auf die Inflation. Warum hält die EZB also trotzdem am Ziel von zwei Prozent Inflation fest? Und warum muss Deflation nicht per se schlecht sein? Diese Fragen beantwortet Malte Fischer von der WirtschaftsWoche im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Christian Erll.

Wir haben quasi im gesamten 19. Jahrhundert leichte Deflation gehabt. Und das war eine Phase, in der die Menschheit eine gigantische Blüte erlebt hat. Mit Produktivitäts- und Wohlstandszuwächsen, die wir bis heute in dieser Form nie wieder gehabt haben.Malte Fischer 

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Redaktion