Ist das gerecht? | Steuerhinterziehung

Ein unterschätztes Delikt

Man hinterzieht schneller Steuern, als man vielleicht glauben mag. Um aber wirklich im ganz großen Stil Gelder am Staat vorbeizuschleusen, braucht es schon deutlich mehr.

200 Milliarden Euro, das ist ungefähr so viel, wie Elon Musk an Vermögen besitzt. Das ist auch ungefähr so viel, wie Deutschland an Schulden aufgenommen hat, um die Folgen der Coronakrise zu bewältigen. Es bräuchte außerdem etwas mehr als 200 Milliarden Euro im Jahr, um den Hunger weltweit zu bekämpfen. Und es sind etwa 200 Milliarden jährlich, die allein in Deutschland am Fiskus vorbeigeschleust, also nicht versteuert werden. Entdeckt wird davon nur ein sehr kleiner Bruchteil. Kurzum: Steuerhinterziehung ist ziemlich teuer.

Steuerhinterziehung ein Kavaliersdelikt?

In Baden-Württemberg wurde deshalb ein neues Tool gelauncht, mit dem Bürgerinnen und Bürger anonym Hinweise auf Steuerhinterziehung einreichen können. Das ging auch vorher schon, jetzt aber eben auch digital und damit etwas einfacher als zuvor. Trotzdem gibt es viel Kritik an dem Vorstoß, den Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) da gewagt hat. Von Denunziantentum ist die Rede, von einer angeblich anstehenden Welle an anonymen Tipps als Rache am Ex-Freund oder der Ex-Chefin. Ob es einen solchen Aufschrei auch bei anderen Delikten geben würde, bei Hinweisen zu Mord zum Beispiel?

Solche Kritik verharmlost Steuerhinterziehung, dabei ist das eben kein „victimless crime“.

Dr. Achim Doerfer

Steuerhinterziehung wird oft als „White Collar“-Verbrechen gewertet, als Kavaliersdelikt oder als „victimless crime“. Dass das so nicht stimmt, zeigen unter anderem die entgangenen Einnahmen, die der Staat für das Wohl aller nutzen könnte. Warum also wird das Hinterziehen von Steuern oft nur halbherzig verfolgt und in der Gesellschaft auch immer mal wieder belächelt? detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz fragt beim Rechtsanwalt Achim Doerfer nach.

Redaktion