Mittelstand | Betriebliche Mitbestimmung

Mittelstand ohne Mitbestimmung?

Arbeitnehmer haben in Deutschland das Recht, einen Betriebsrat zu gründen. Der vertritt dann ihre Interessen gegenüber ihrem Arbeitgeber und darf bei wichtigen Unternehmensentscheidungen mitreden. Doch vor allem in vielen kleinen und mittleren Unternehmen gibt es oft keinen Betriebsrat.

Recht auf Betriebsrat

Sobald in einem Betrieb mindestens fünf feste Mitarbeiter angestellt sind, können diese einen Betriebsrat gründen. So steht es im Betriebsverfassungsgesetz. Der Betriebsrat hat unter anderem ein Mitspracherecht, wenn es darum geht, die Pausenzeiten festzulegen, wenn Kameras im Unternehmen installiert werden sollen, die die Leistung der Mitarbeiter überwachen, oder wenn einzelne Arbeitnehmer auch am Wochenende arbeiten sollen.

Diese verbrieften Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte kann der Betriebsrat im Notfall auch gerichtlich einklagen. Außerdem haben Betriebsratsmitglieder einen sehr weitreichenden Kündigungsschutz, sodass Arbeitgeber sie nicht ohne Weiteres entlassen können.

Keine Mitbestimmung im Mittelstand?

In großen Unternehmen gibt es sehr häufig einen Betriebsrat. Doch in den kleinen und mittleren Unternehmen, die nur bis zu 500 Personen angestellt haben, sind Betriebsräte nicht sehr verbreitet. Insgesamt gibt es nur in zehn Prozent der betriebsratsfähigen Unternehmen auch einen Betriebsrat.

Je größer der Betrieb ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es dort einen Betriebsrat gibt. – Manuela Maschke, Hans-Böckler-Stiftung

Teilweise liegt es daran, dass die Arbeitnehmer in sehr kleinen Unternehmen den Chef persönlich kennen, auch gut mit ihm auskommen und deswegen gar keine Notwendigkeit für eine Betriebsratsgründung sehen. In anderen Fällen werden Betriebsräte allerdings auch von der Unternehmensseite eingeschüchtert oder Angestellte, die einen Betriebsrat gründen wollen, werden entlassen.

Betriebsräte steigern die Produktivität

Dabei sind Betriebsräte eigentlich eine Win-Win-Institution. Das haben Ökonomen des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden. Unmittelbar nach einer Betriebsratsgründung sinkt die Produktivität des Unternehmens zwar kurzfristig, doch in den 15 Jahren nach ihrer Gründung steigern Betriebsräte die Produktivität der untersuchten Firmen im Durchschnitt um ein Viertel.

Für ein Unternehmen ist es auch effizient, so eine Interessenvertretung zu haben, die zum Sparringspartner der Personalabteilung wird. – Manuela Maschke

Über die betriebliche Mitbestimmung in kleinen und mittleren Unternehmen hat detektor.fm-Redakteur Rewert Hoffer mit Manuela Maschke gesprochen. Sie leitet bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung das Referat für Arbeit und Mitbestimmung.

Mitbestimmung kann man sich in Deutschland gar nicht anders denken, als so, wie es sie gibt. Wenn es sie nicht gäbe, würde man sie, glaube ich, erfinden.Dr. Manuela Maschke 

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