Mittelstand | IWF-Deutschlandbericht über Ungleichheit

Ist der Mittelstand schuld an der Ungleichheit?

Vermögen und Einkommen sind in Deutschland sehr ungleich verteilt. Der Internationale Währungsfonds hat in seinem jährlichen Deutschland-Bericht dem Mittelstand die Schuld an der immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich gegeben. Aber stimmt das wirklich?

IWF: Mittelstand ist für Ungleichheit verantwortlich

In seinem jährlichen Deutschland-Bericht hat der Internationale Währungsfonds (IWF) geschrieben, dass die Einkommen und Vermögen in Deutschland äußerst ungleich verteilt seien. So weit, so bekannt.

Doch der Grund für die Ungleichheit hat viele überrascht. Ausgerechnet die Familienunternehmen, von denen viele zum Mittelstand zählen, sollen schuld an der Ungleichheit sein. Sofort haben die sonst eher schweigsamen Mittelständler und Familienunternehmer der Analyse des IWF widersprochen.

Gründe für die Ungleichheit

Laut IWF steckt ein Viertel des deutschen Vermögens in Unternehmensanteilen und diese befinden sich fast vollständig bei den reichsten zehn Prozent der Haushalte.

Bei aktiengetriebenen Unternehmen, ist der Shareholder-Value im Vierteljahres-Rythmus relevant. Familienunternehmen richten sich sehr viel langfristiger aus. Das hat auch dazu geführt, dass sie in der Vergangenheit eben sehr erfolgreich waren und Vermögen akkumulieren konnten. Alexander Kritikos, Ökonom beim DIW

Auch kritisiert der IWF das deutsche Steuersystem, das Einkommen relativ hoch und Vermögen relativ niedrig besteuert. In Deutschland herrscht seit längerem eine Debatte über die mögliche Einführung einer Vermögenssteuer.

Was kann man dagegen tun?

Der IWF rät deswegen, dass der Staat die Erbschafts- und die Schenkungssteuer erhöhen sollte. Ebenso sollten die Unternehmer laut IWF eher an die Börse gehen. Damit eine größere Menge an Personen die Möglichkeit hat, Vermögen in Form von Aktien aufzubauen. Ob das sinnvoll ist, wird allerdings auch bezweifelt. Denn 40 Prozent der Deutschen haben überhaupt kein Nettovermögen, oft auch weil sie einfach keine Rücklagen bilden können.

Die Bereitschaft, an Aktienmärkten zu partizipieren, ist in Deutschland relativ schwach ausgeprägt, wenn man das mit anderen Ländern vergleicht. Aber wenn es jetzt ein größeres Aktienangebot geben würde, heißt es noch lange nicht, dass mehr Menschen aus der Bevölkerung bereit sind, dieses Risiko einzugehen. Alexander Kritikos

Was an der Diagnose des IWF dran ist und was gegen die Ungleichheit getan werden könnte, hat detektor.fm-Redakteur Rewert Hoffer den Ökonomen Alexander Kritikos gefragt. Er leitet den Forschungsbereich Entrepreneurship am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

So wie der IWF das sagt, impliziert das, dass in den Familienunternehmen besonders viel Gewinn abgeschöpft wird und sie nichts investieren.Alexander Kritikos 

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