Schönschrift ade: Ein Schulsystem im digitalen Zeitalter

Stifte weg! – Finnland schafft die Schönschrift ab

Finnland will die Schönschrift bis 2016 aus den Lehrplänen streichen. Im Unterricht sollen die Schüler dafür das flüssige Tippen auf Tastaturen lernen.

Bildungs-Champion-Finnland traut sich was: entweder wirds ein Trend in den europäischen Schulen, oder aber ein kulturelles Desaster – so zumindest die Reaktionen auf den jüngsten Plan der Finnen. Das Bildungsministerium hat bekannt gegeben, dass die Schönschrift bis 2016 aus finnischen Schulen verschwinden soll. Dafür sollen die Kinder bereits in der Grundschule das flüssige Tippen auf der Tastatur lernen.

Hintergründe

Die finnische Bildungsministerin Minna Harmanen ist für die Richtlinien zum Schreibenlernen verantwortlich. Sie findet, dass die Schönschrift nicht mehr zeitgemäß ist, wohingegen der Umgang mit der Tastatur immer wichtiger würde. Dabei wird der Wegfall der Schönschrift noch nicht verbindlich festgeschrieben. Die Lehrer können selbst entscheiden, ob sie die Schriftform weiter vermitteln möchten.

Diese Änderung spiegelt wider, wie die technische Entwicklung neue Anforderungen an die Schüler stellt. Dementsprechend wird es auch vermehrt Computer und Tablets in den Schulklassen geben. Dieser zukunftsorientierte Lehrplangilt bis 2026. Die finnische Bevölkerung befürwortet die Neuerung zum großen Teil.

Reaktionen aus anderen Ländern

Ähnliche Bestrebungen gibt es bereits in der Schweiz und in den USA. Im letzten Jahr wurde in der Schweiz kantonübergreifend über die Abschaffung der „Schnürlischrift“ (Schreibschrift) diskutiert.

In Deutschland ist das Ganze kein Thema. Viele Lehrer und Bildungsexperten wollen an der Schreibschrift festhalten.  Die Befürworter halten das jedoch für nicht mehr zeitgemäß. Der Siegener Grundschuldidaktiker Hans Brügelmann zum Beispiel:

„Wer in Zukunft Schönschrift lernen will, kann das im Kunstunterricht tun.“

Die Reformgegner befürchten jedoch, dass sich die motorischen Fähigkeiten bei den Schülern verschlechtern würden, wenn diese in der Grundschule nicht mehr das flüssige Schreiben erlernen.  Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erzeihung (VBE), warnt gegenüber Spiegel Online vor einer Abschaffung;

„Die Einübung von Handschrift in der Grundschule darf nicht zur Disposition gestellt werden.“

Vorreiter Finnland wird zeigen, ob sich die Befürchtungen erfüllen. Die Debatte um die neuen Anforderungen an Schüler heizt die Entscheidung im jedem Fall an.

Über die neue Regelung und ihre Strahlkraft in die EU hat detektor.fm-Moderatorin Maj Schweigler mit Anna Hakala besprochen. Sie ist in der finnischen Botschaft in Berlin für die Unterrichts- und Bildungspolitik verantwortlich.

Es gibt ein sprachliches oder terminologisches Missverständnis in den deutschen Medien – wir werden das Schreiben mit der Hand nicht abschaffen.Anna Hakala 

Redaktion: Ronja Hoffmann