Forschungsquartett | EMS-Training: Was ist dran?

Schwitzen unter Strom – Bringt EMS-Training etwas?

Schlank, stark, fit – in nur wenigen Minuten pro Woche: Das soll das Elektromyostimulationstraining, kurz EMS, problemlos bewirken. Wenn elektrische Impulse beim Sport den Körper durchfließen, stählt das die Muskeln besonders schnell und erspart einem angeblich stundenlanges Training im herkömmlichen Sinn. Klingt fantastisch, aber ist die Methode auch ungefährlich?

Mehr Muskelkraft durch EMS-Training

Das perfekte Badewetter und die Leute fragen sich Jahr für Jahr: wie kriege ich diesen Bauch weg? Und zwar möglichst schnell? Fitnessstudios empfehlen seit einigen Jahren eine besondere Methode: Elektromyostimulationstraining (EMS).

Dahinter steckt folgendes: Elektrische Impulse sollen beim Sport den Körper durchfließen, und so die Muskeln zusammenziehen. Man muss dagegen halten – und dabei trainieren. Das soll den Körper besonders schnell stählen und spart angeblich stundenlanges Gerätetraining. Klingt doch super: Wozu Zeit und Mühe im Fitnessstudio verschwenden, wenn man binnen Minuten sein Fitnessziel erreichen kann?

Unglaubliches Phänomen

Der Einsatz von Strom zum Aufbau von Muskeln ist seit Jahrzehnten erprobt. So setzen Physiotherapeuten Strom seit 50 Jahren ein, um zielgerichtet einzelne Muskeln aufzubauen.

In sogenannten EMS-Studios kommen dagegen Geräte zum Einsatz, die in der Lage sind, gleichzeitg alle Muskeln im Körper zu reizen. Mit nur 20 Minuten EMS-Training werden angeblich mehrere Stunden althergebrachtes Gerätetraining ersetzt. Dementsprechend werden mit Hilfe der Methode bis zu 600 Kilokalorien pro Sitzung verbraucht.

Sportwissenschaftler erklären sich das Ergebnis so, dass beimTraining an der Hantelbank sich als erstes die roten, ausdauernden und erst danach die schnellen, weißen Muskelfasern anspannen. Bei EMS sollen nahezu hundert Prozent aller Muskelfasern sofort aktiv werden. Effektiver und nachhaltiger bauen wir dadurch also mehr Muskelkraft auf, als beim herkömmlichen Training.

Dafür zieht der Trainierende eine spezielle Kleidung an, die Elektroden enthält. Der Trainer steuert die Stärke des Stroms passend zum Fitnessgrad der jeweiligen Person. Die Muskeln des Trainierenden werden dann in Kombination mit Strom und Muskelanspannung stimuliert.

Grandios oder gefährlich?

Doch die Methode birgt auch Risiken. Zu einem Übertraining kann es bei der Elektromyostimulation viel schneller als bei anderen Sportarten kommen, da der Impuls  ja von außen kommt. Er wird vom Trainer beeinflusst und der Trainierende strengt sich selbst weniger an.

Hier ist es umso wichtiger,  ausreichend Erholungsphasen zwischen den Trainingseinheiten einzuhalten und im Studio im Vorfeld eine professionelle Beratung zu bekommen. Wer sich nach dem EMS-Training dauerhaft schlapp fühlt oder gar Herzrasen bekommt, muss unbedingt kürzertreten und sollte einen Arzt aufsuchen.

Wie viel Training ist also ratsam, und für wen ist EMS nichts? Detektor.fm-Moderator Gregor Schenk hat mit Dr. Heinz Kleinöder von der Deutschen Sporthochschule Köln darüber gesprochen. Er leitet dort die Leiter Abteilung Kraftdiagnostik und Bewegungsforschung und forscht seit mehreren Jahren zur Methode der Elektromyostimulation.

Gefahren sehe ich nur, wenn der Körper an seine Belastungsgrenzen geführt wird, wie bei jeder anderen Trainingsmethode auch. Wenn Training nach und nach sorgfältig gesteigert wird, besteht kein Risiko. In diesem Fall haben wir in unseren Untersuchungen keinen einzigen Fall feststellen können, wo es zu negativen Auswirkungen gekommen ist.Heinz Kleinöder 

Redaktion: Carsten Jänicke