Forschungsquartett | Geburtenwende

Warum es in Deutschland wieder mehr Kinder gibt

In Deutschland werden zu wenig Kinder geboren! Der demographische Wandel ist unaufhaltsam! Das hat lange als Gewissheit gegolten. Doch Wissenschaftler der Universität Halle zeigen jetzt mit einer Studie: Die Geburtenwende ist längst da.

Im Jahr 1964 sind in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR beinahe 1,4 Millionen Kinder zur Welt gekommen. Danach ist die Zahl der Geburten rapide gesunken 2012 sind es weniger als die Hälfte. Gleichzeitig zeichnet sich in vielen deutschen Großstädten ein neuer Trend ab: Kinderkriegen ist wieder in Mode.

Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Halle zeigt, dass dieser Trend sich nicht nur auf einzelne Boomstädte beschränkt. Es gibt Hinweise auf eine allgemeine Geburtenwende in Deutschland.

Geburtenwende als allgemeiner Trend

Für die Studie haben die Wissenschaftler Daten von Eurostat untersucht, dem statistischen Amt der Europäischen Union. Die Daten unterscheiden zwischen kleinen Regionen, den sogenannten NUTS. Diese Unterteilung ermöglichte ihnen Analysen auf der Ebene von Landkreisen, Städten und sogar Stadtteilen. Die Idee dahinter ist, anstatt eines deutschlandweiten Trends, ein differenziertes Bild zu erhalten.

Die Analyse hat zwei Gruppen ergeben: Regionen, die schon seit Anfang der 2000er-Jahre eine steigende Geburtenrate verzeichnen können, finden sich vor allem im Osten Deutschlands. Die zweite Gruppe sind vor allem Gebiete, in denen sich seit 2007 ein massiver Anstieg der Geburten beobachten lässt. Bis Ende 2014 haben die Wissenschaftler eine Trendwende beobachten können: Nur in 18 der 373 untersuchten Regionen ist die Geburtenziffer weiter gesunken.

Familie wird in Zeiten der Krise wichtiger

Gerade der Zeitpunkt dieser Trendwende wirft Fragen auf. 2007 gilt als Beginn der Weltwirtschaftskrise und damit sozialer Unsicherheit. Gerade die wirkt sich einigen Studien zu Folge negativ auf die Geburtenstatistik aus.

Als Gründe für den Trend ab 2007 vermuten die Wissenschaftler zwei Dinge: Einerseits die Wichtigkeit familiärer Werte und zum anderen familienpolitische Maßnahmen in Deutschland. Die wirtschaftliche Unsicherheit könnte dazu führen, dass vor allem junge Menschen ihre Lebensentwürfe wieder verstärkt am Familienleben ausrichten und dass Kinder einen höheren Stellenwert bekommen. Im Jahr 2007 ist außerdem das gemeinsame Elterngeld eingeführt worden. Da die Geburtenwende vor allem in Städten zu beobachten ist, könnten verbesserte urbane Infrastrukturen ein weiterer Faktor sein, der zur Geburtenwende beiträgt.

Ein Beitrag von Konstantin Kumpfmüller.

Von den Babyboom-Jahren der 1960er-Jahre sind wir heute weit entfernt. Wenn wir uns aber die Zahlen der letzten 15 Jahre anschauen, erkennen wir in vielen Regionen Deutschlands einen positiven Trend.Prof. Dr. Martin Klein 

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