Forschungsquartett | Grüner Kolonialismus

Energiegewinnung nach EU-Regeln

2019 hat die EU-Kommission den European Green Deal vorgestellt: Bis 2050 soll die EU damit klimaneutral werden. Doch der Deal betrifft auch Länder außerhalb der EU. Forscherinnen und Forscher sprechen von Grünem Kolonialismus. Was ist das?

Volle Kraft Richtung Grün

2019 rief die Chefin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, den European Green Deal (EGD) aus. Ein Mammutprojekt, das dafür sorgen sollte, dass die Europäische Union bis zum Jahr 2050 klimaneutral wird.

Der umfassende Maßnahmenkatalog, der sogar mit einem neuen Europäischen Klimagesetz daherkommt, greift tief in die Energie- und Umweltpolitik der Staaten ein. So sollen finanzielle Anreize geschaffen werden, um klimafreundliche Wirschatszweige attraktiver zu machen, und eine höhere Bepreisung fossiler Brennstoffe eingeführt werden. Bis zu 150 Milliarden Euro werden dafür bis 2027 an die betroffenen Regionen ausgeschüttet.

Es ist wunderbar, wenn Staaten wie Marokko in der Lage sind, sauberen Wasserstoff zu generieren, der dann nach Europa transportiert werden kann. Aber es ist total unklar, ob überhaupt genug Energie für die marokkanische Bevölkerung und Wirtschaft hergestellt werden kann.

Dr. Simone Claar

Doch der Green Deal wirkt sich natürlich nicht nur auf die EU-Staaten aus. Die Handelspartner der Europäischen Union sind ebenso betroffen. So ist durch den EGD beispielsweise die Wasserstoffgewinnung in Marokko oder die Biodiversitätspolitik im Rahmen des Programmes „Nature Africa“ betroffen.

Grüner Kolonialismus

Die Akteure Un Akteurinnen in den Gebieten werden dabei kaum einbezogen. Ein Wissenstransfer bleibt auch weitestgehend aus. Und so werden unter dem Slogan der Nachhaltigkeit, die ungleichen Machtverhältnisse zwischen der EU und den afrikanischen Staaten reproduziert. Ciani-Sophia Hoeder vom RosaMag spricht hier von Grünem Kolonialismus.

Die Funktionsweisen dieser kolonialistischen Praxis erforscht auch Dr. Simone Claar mit ihrer Forschungsgruppe „Glocalpower“ an der Universität Kassel. Mit detektor.fm-Redakteur Jonas Junack spricht sie in der aktuellen Folge über ihre Forschungsarbeit, die praktischen Auswirkungen von Grünem Kolonialismus und Möglichkeiten diesen zu überwinden.