Forschungsquartett | Hip-Hop Studies

Was Gangsterrap mit Gerhard Schröder zu tun hat

Hip-Hop ist eine der populärsten Subkulturen der Welt. Das interdisziplinäre Forschungsfeld der Hip-Hop Studies erforscht diese Kultur und wie sie mit der Gesellschaft zusammenhängt. Der Soziologe Martin Seeliger interessiert sich besonders für das umstrittene Genre des Gangsterraps.

Würde man sich auf ein Geburtsdatum festlegen wollen, wäre der Hip-Hop im August 48 Jahre alt geworden. Am 11. August 1973 fand nämlich der „Back to School Jam“ statt, eine der ersten sogenannten Block Partys im New Yorker Stadtteil Bronx. Auf diesen selbst organisierten Feiern ist eine Subkultur entstanden: Mit Breakdance, Graffiti, DJing und Rap haben die sozial benachteiligen, überwiegend afroamerikanischen Bewohnerinnen und Bewohner der Bronx Ausdrucksformen geschaffen, die bald auch Menschen weit über New York und die USA hinaus begeistern sollten. Inzwischen beschäftigen sich auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen mit dieser Subkultur.

Interdisziplinäre Forschung über Hip-Hop

Literaturwissenschaftler und Musikwissenschaftlerinnen untersuchen zum Beispiel den Rhythmus von Rap. In den kulturwissenschaftlichen und soziologischen Forschung interessiert man sich eher dafür, welche Zusammenhänge es zwischen der Hip-Hop-Szene und dem Rest der Gesellschaft gibt. Inzwischen sind eine Fülle wissenschaftlicher Publikationen über Rap erschienen. Sina Nitzsche, Professorin an der TU Dortmund, arbeitet seit einigem Jahren sogar an einem deutschlandweiten Netzwerk der Hip-Hop-Forschung.

Gangsterrap als Ausdruck sozialer Kämpfe

Der sogenannte Gangsterrrap ist dabei für viele Forschende von besonderem Interesse. Das Subgenre steht wegen der häufig frauenverachtenden und homophoben Texte in der Kritik. Wie die Initiative #deutschrapmetoo gezeigt hat, ist Misogynie und Sexismus ein ernst zu nehmendes Problem in dieser Szene. Unter diesem Hashtag sammeln Aktivistinnen und Aktivisten Informationen über sexuelle Übergriffe von Rappern. Für den Hamburger Soziologen Martin Seeliger bleibt Gangsterrap ein spannendes Forschungsfeld. Er sieht in dem Machogehabe und der Selbstinszenierung von Gangsterrappern auch einen Ausdruck gesellschaftlicher Kämpfe. In seinem im Mai 2021 erschienenen Buch „Soziologie des Gangstarap“ fasst Martin Seelinger seine zehn Jahre währende wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Genre zusammen.

Man kann sich auch gegen Unterdrückung wenden, ohne selbst ein gerechter Mensch zu sein

Martin Seeliger, Soziologe an der Universität Hamburg

Foto: MPIfG/Aydee

detektor.fm-Redakteur Dominik Lenze hat sich mit Martin Seeliger über die widersprüchliche Figur des Gangsterrappers unterhalten. Er hat ihn auch gefragt, wie Sozial- und Einwanderungspolitik mit den Motiven und Geschichten dieser streitbaren Figuren zusammenhängen.