Forschungsquartett | Neue Verfahren zur Dämmung

Es muss nicht immer Hightech sein

Am Fraunhofer Institut für Bauphysik werden neue Verfahren zur Dämmung entwickelt. Sie sollen speziell bei Altbauten und denkmalgeschützten Häusern energetische Sanierungen ermöglichen.

Das Kloster von Benediktbeuern war einst der Arbeitsplatz von Jospeh von Fraunhofer. Dort hat er sein optisches Institut betrieben, in dem er Linsen und Fernrohre konstruierte. Heute beherbergt das Kloster neben einem Fraunhofer Museum auch das Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege. In der alten Schäfflerei ist das Testgelände untergebracht. Hier werden teils auf historischen Anstrichen, teils auf rekonstruierten Farbflächen die verschiedenen Materialien zur Innendämmung angebracht. So untersuchen die Forscher nicht nur den Wirkungsgrad der Materialien, sondern auch die konkrete Auswirkung auf den historischen Bestand.

Weil die alte Schäfflerei selbst schützenswert ist und die Experimente nicht Jahrzehnte andauern können, wird neben den Feldversuchen mit einer speziellen Simulationssoftware gearbeitet.

Diese Software, für Wärme und Feuchte Instationär stehend  WUFI genannt, wurde von der Fraunhofer Gesellschaft entwickelt. Mit ihr lässt sich die Gebrauchstauglichkeit, Dauerhaftigkeit oder Schadensfreiheit von Dämmmaterialien oder Baukonstruktionen simulieren. Auch für Jahrzehnte in die Zukunft.

Dort in Benediktbeuern haben wir die Möglichkeit vergleichend unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen durchführen zu können, unter anderem unterschiedliche Innendämmmaßnahmen.Dr. Martin Krus 

In den Feldversuchen in Benediktbeuern konzentrieren sich die Forscher auf drei Kategorien von Dämmstoffen: Nachhaltig produzierbare, mineralische und hochdämmende Materialien. Dazu zählen etwa die Aerogele. Das sind poröse Silikatverbindungen, die mit Putz vermengt werden und so dessen Dämmwirkung erheblich erhöhen.

Aber es muss gar nicht immer Hightech sein. Einen echten Lowtech-Dämmstoff entwickelten die Wissenschaftler gemeinsam mit dem Ingenieur Werner Theuerkorn. Dieser experimentiert bereits seit 20Jahren mit Rohrkolben – auch Typha genannt. Zunächst entwickelte er aus den Samenständen der Sumpfpflanze Faserverstärkungen für Dämmputze. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut hat er nun die Blattspäne der Pflanze zu einer Dämmplatte verarbeitet. Was aussieht wie eine grobe Holzfaserplatte aus dem Baumarkt, hat erstaunliche statische Eigenschaften bei gleichzeitiger Dämmwirkung. In Kooperation mit den Altstadtfreunden Nürnberg e.V. und einem Architekturbüro wurde bereits ein Fachwerkhaus der Nürnberger Altstadt mit den Typhaplatten saniert. Das Haus erfüllt bei einer Wandstärke von gerade zwanzig Zentimetern die Energieeinsparverordnung von 2009 (EnEV 2009).

Ich bin dann einmal bei meiner kleinen Schilfkläranlage auf einem der Samenstände von Rohrkolben ausgerutscht und da ist der aufgeplatzt und die Fasern haben sich so in den Tonboden reingeschmiert.Dipl. Ing. Werner Theuerkorn 

Das neueste Patent an den Wänden der Schäfflerei ist allerdings kein Dämmstoff im eigentlichen Sinn. Es ist viel mehr ein Verfahren, um Dämmstoffe an empfindliche Wände befestigen zu können, ohne den Untergrund zu beschädigen. Das ist besonders dann wichtig, wenn alte Farbschichten für die Nachwelt erhalten werden sollen. Grundlage ist ein unter bestimmten Bedingungen wachsartiges, bei Raumtemperatur jedoch flüchtiges Bindemittel, das bereits seit einiger Zeit in der Konservierung von Wandmalereien Verwendung findet: Cyclododecan. Den Forschern um Ralf Kilian gelang es, dieses Bindemittel in einen Mörtel zu integrieren, mit dem nun empfindliche Untergründe vor der Dämmung verputzt werden können.

Mike Sattler stellt das Verfahren vor.

Wir haben in jede der untersuchten Felder farbige Flächen angelegt – mit historischen Malmitteln, neu rekonstruiert. Die werden wir uns nach zwei, drei Jahren ansehen und schauen, welche Veränderungen sich da ergeben haben.Dr. Ralf Kilian