Forschungsquartett | Neurourbanistik

Wie Städte uns krank machen

Großstädte können psychisch krank machen. Um den Zusammenhang von urbanem Leben und psychischen Erkrankungen genauer zu untersuchen, hat sich jetzt eine neue Forschungsdisziplin gegründet: die Neurourbanistik.

Der Trend zur Urbanisierung ist ungebrochen. Jeder zweite Mensch wohnt heute in einer Stadt. Im Jahr 2050 sollen es Zahlen der Vereinten Nationen zufolge sogar 70 Prozent sein. Eigentlich bietet das Leben in Städten vielerlei Vorzüge: eine bessere Infrastruktur durch öffentlichen Nahverkehr, mehr Ärzte und Apotheken, mehr Schulen sowie Bildungs- und Kulturangebote.

Stress and the City

Gleichzeitig weisen Untersuchungen darauf hin, dass Städte auch Stress bedeuten können. Und Stress bedeutet mehr psychische Erkrankungen. Vor allem Schizophrenie tritt in Städten viel häufiger auf als auf dem Land. Allerdings könnte es auch sein, dass Menschen mit diesen Erkrankungen etwa wegen besserer Behandlungsangebote häufiger in Städte ziehen. Ob die Stadt wirklich Stress ausübt, wie er gemessen werden kann und wie er unsere Gesundheit beeinflusst, untersucht jetzt eine Forschergruppe. Es ist eine neue Forschungsdisziplin: die Neurourbanistik.

Neurourbanistik als neue Forschungsdisziplin

Bei dieser neuen Forschungsdisziplin arbeiten Sozialwissenschaftler, Neurowissenschaftler, Architekten und Stadtplaner zusammen, um mehr über den Stress in der Stadt zu erfahren. Als ersten Schritt müssen die Methoden der daran beteiligten Forschungsdisziplinen kompatibel gemacht werden. Ein Ziel der Forscher ist es, eine Kartographie des Stadtstresses zu erstellen. Sie soll zeigen, wo und wie Stress entsteht. An den Ergebnissen der Forschung sollen sich Politik und Stadtplanung orientieren können.

Es ist höchste Zeit, zu verstehen, wie sich das Stadtleben auf unsere Psyche auswirkt und wie wir Städte besser machen können. Das geht nur, wenn wir Hirnforschung und Stadtforschung miteinander verknüpfen.PD Dr. Mazda Adli  

Als Grund für den krank machenden Stadtstress vermuten die Wissenschaftler das gleichzeitige Auftreten zweier Phänomene: soziale Dichte und soziale Isolation. Während Stadtbewohner konstant mit einer Vielzahl an Menschen konfrontiert sind, ist die Vereinsamung in den Städten deutlicher spürbar – in urbanes Paradox.

Städte lebenswert gestalten

Stimmen die Annahmen, ist angesichts der steigenden Zahl der Stadtbewohner auch mit einer steigenden Zahl psychischer Erkrankungen zu rechnen. Auch wenn die Forschungsdisziplin der Neurourbanistik noch in den Kinderschuhen steckt, ist klar, dass sich die Art, wie Menschen in Städten zusammen leben, ändern muss.

Mit dem Stressforscher Mazda Adli hat detektor.fm-Redakteur Konstantin Kumpfmüller gesprochen.

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