Forschungsquartett | Totes Meer – Wasserforschung

Wie viel Leben spendet das Tote Meer?

Wie kann man die Versorgung einer wasserarmen Region sicherstellen? Das untersuchen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ in der Region rund um das Tote Meer.

Forschungs- und Urlaubsparadies Totes Meer

Die Region um das Tote Meer ist ein einzigartiges Gebiet. Der See liegt inmitten einer Wüstenlandschaft, er ist der tiefste begehbare Ort der Erdoberfläche und einer der salzhaltigsten Gewässer weltweit. Unweit des eigentlich lebensfeindlichen Gewässers erblühen Flora und Fauna.

Für Urlauber sind das trockene Klima, Mineralbäder, Sonnengarantie und historische Stätten interessant.

Auch für Wissenschaftler ist das Gebiet spannend: Überall sind archäologische Schätze zu finden – das wohl bekannteste Fundstück sind die Schriftrollen von Qumran. Die Region ist zudem die Wiege der großen Weltreligionen. Darüber hinaus kommen Klimaforscher auf ihre Kosten: klimatische Veränderungen treten hier viel schneller auf als in anderen Regionen und lassen sich daher besser beobachten.

Wann kommt man schon mal 425 Meter unter den Meeresspiegel, ohne sich die Füße nass zu machen? Allein das prädestiniert natürlich die Region dort unten für Forschung.Stephan Geyer 

Krisen- und Konfliktregion Totes Meer

Das Tote Meer liegt aber auch inmitten der Konfliktregion Israel, Jordanien und dem palästinensischen Autonomiegebiet. Es ist ein Streit um Territorien und immer auch ein Streit ums Wasser. Mehrere Millionen Menschen leben in der wasserarmen Region und sind von den Wasserreserven abhängig. Ihr Wasserverbrauch steigt stetig: Immer mehr Grundwasserquellen werden für die wachsende Bevölkerung benötigt, die Zuflüsse vom nördlich gelegenen See Genezareth und dem Jordanfluss sind mehr und mehr gekappt worden. Am Südende des toten Meeres sind die so genannten Dead Sea Works ansässig – große Salzanlagen, die unter hohem Wasserverbrauch Magnesium und andere Salze erzeugen und in die Welt exportieren.

Die Region als solche ist eine brisante Region, die in permanenten Kriegszustand lebt und verständlicherweise große Teile der Konflikte auf der Wasserknappheit basieren. (…) Es ist eine Realität, die den Alltag bestimmt.Christian Siebert  

Das Forschungsprojekt DESERVE

Alle diese Gründe tragen dazu bei, dass das Tote Meer Jahr für Jahr schrumpft. In den vergangenen 50 Jahren ist der Wasserspiegel um etwa 50 Meter zurückgegangen. Welche Folgen hat das für die Wasserversorgung? Was bedeuten die Klimaveränderungen für die Region? Lassen sich Rückschlüsse über die Veränderungen auf andere Regionen übertragen, in denen die Wasserknappheit auch ein Problem darstellt – auch im Hinblick auf den allgemeinen Klimawandel?

Das sind einige der Fragen, denen das Forschungsprojekt DESERVE (Dead Sea Research Venue) nachgeht. Daran sind neben israelischen, palästinensischen und jordanischen Wissenschaftlern auch deutsche Forschungseinrichtungen beteiligt: Das Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle (UFZ), das Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ) und das Karlsruhe Institut für Technologie (KIT). Ihr Ziel ist ein gesamtheitliches Modell, um Aussagen über Klimaveränderungen und deren Folgen machen zu können.

Wenn wir ein gutes Modell haben, kann man damit Entscheidungsträger unterstützen, um zu einem faireren Vergleich der Wasserverteilung zu kommen oder das weitere Austrocknen des Toten Meeres zu verhindern. (…) Wir können denen eine gute Handlungsgrundlage geben.Ralf Merz  

Forscher des UFZ untersuchen die Wasserbewegungen, den Wasserhaushalt um das Tote Meer; Forscher des GFZ beleuchten die Plattentektonik und Erdbebengefahren; das KIT beschäftigt sich mit der Verdunstung und den Windsystemen.

Sie alle treibt die Hoffnung an, mit ihrer Forschung einen Beitrag zur Wasserversorgung der Region und zur Entspannung des Konflikts leisten zu können.

Für die freie Journalistin Susanne Götze sind die Forscher Vermittler. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit der Wasserthematik im Nahen Osten und hat Christian Siebert bei seiner letzten Forschungsreise im November 2014 begleitet. Gerade weil die Wissenschaftler nicht unmittelbar am Konflikt beteiligt seien, könnten sie die Verantwortlichen auf israelischer und palästinensischer Seite für die schwindenden Wasserressourcen sensibilisieren.

Vielleicht braucht es in der Region auch jemand Neutrales, der durch seine Forschungsergebnisse und dieses immer Dranbleiben an dem Thema die beiden Seiten so ein bisschen aufrüttelt.Susanne Götze  

detektor.fm-Reporter Max Heeke hat mit den Wissenschaftlern Stephan Geyer, Ralf Merz, Christian Siebert und der Journalistin Susanne Götze über den ‚Lebensspender Totes Meer‘ gesprochen.

Die Region im Blick

Redaktion