Forschungsquartett | Körpergewicht

„Das Stigma ist fest verinnerlicht“

Gesellschaftliche Schönheitsideale sind ein vieldiskutiertes Thema – zumindest abstrakt. Doch welche Rolle spielt das eigene Körpergewicht für übergewichtige Menschen eigentlich wirklich in ihrer Biografie?

Faul und undiszipliniert?

Ob es nun die neuesten Diättipps sind oder der Aufruf, sich mit sich selbst wohl zu fühlen: Das Körpergewicht ist für viele Menschen ein zentrales Thema. Gerade zu viel davon ist nach wie vor häufig mit sozialen Stigmata verbunden. Das hat auch konkrete Auswirkungen auf die Lebensführung von dicken Menschen, wie eine Studie der Frankfurt University of Applied Sciences zeigt. Hier wurde untersucht, wie Menschen mit ihrem eigenen Dicksein umgehen.

Dabei sticht zunächst heraus, dass es für viele Menschen keine Bedeutung in ihrer Sicht auf die eigene Biografie spielt. Bei lediglich einem Viertel der biografisch-narrativen Interviews findet das Körpergewicht überhaupt Erwähnung. Andererseits kommt es auch vor, dass das Gewicht den kompletten Alltag der Person bestimmt:

Wir hatten natürlich die Geschichten: ‚Ich habe es sehr sehr schwer und es ist sehr belastend und krankmachend, dick zu sein‘, aber es gab auch andere Narrative.

Prof. Lotte Rose von der Frankfurt University of Applied Sciences

Bestimmt das Körpergewicht unser Lebensglück?

Denn nach wie vor verbinden viele Menschen mit Schlanksein Vorstellungen von glücklichen Beziehungen, Selbstverwirklichung und Erfolg. Für einige der befragten Personen würde ein starker Gewichtsverlust daher eine einschneidende Zäsur in ihrer Biografie darstellen.

In den Siegererzählungen war immer klar, dass das Stigma der Hochgewichtigkeit fest verinnerlicht ist und dass das dann auch das Motiv war, diesen Kampf aufzunehmen. Denn die Abwertung der Hochgewichtigkeit war Teil der Identität dieser Personen. Das war zum Teil dann auch erschreckend zu lesen.

Prof. Lotte Rose

Welche Rolle das Körpergewicht in der Biografie von übergewichtigen Menschen spielt, wie damit umgegangen wird und welche geschlechtsspezifischen Unterschiede dabei bestehen, darüber spricht detektor.fm-Redakteurin Eva Weber mit Lotte Rose. Sie ist Professorin für Soziale Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences.