Frag den Staat | Das Geschäft mit Kontrastmittel

Fragwürdige Einnahmen

Arztpraxen kaufen Kontrastmittel günstig auf dem freien Markt ein und lassen sich von den Krankenkassen höhere Pauschalen zurückerstatten. Fast 200 Millionen Euro sollen Arztpraxen so auf Kosten der Beitragszahler verdient haben.

Ungefähr fünf Millionen Patientinnen und Patienten bekommen in Deutschland sogenannte Kontrastmittel injiziert, bevor sie sich per MRT oder CT untersuchen lassen. Kontrastmittel helfen den Ärztinnen und Ärzten, unterschiedliche Gewebe und anatomische Strukturen deutlicher zu erkennen. So lassen sich beispielsweise Krebsherde oder verstopfte Herzkranzgefäße leichter diagnostizieren.

Doch der Einsatz von Kontrastmitteln ist nicht nur hilfreich, sondern auch lukrativ. Bis zu 100.000 Euro verdienen manche Praxen zusätzlich pro CT- oder MRT-Gerät, wenn sie Kontrastmittel bei den Krankenkassen abrechnen.

Das ist ein systematisches Problem. Wenn das System tatsächlich so gestaltet ist, dass Praxen direkt finanziell davon profitieren, ein Mittel einzusetzen, selbst wenn sie es nicht müssten, dann lädt das ganz einfach systematisch zum Missbrauch ein. – Arne Semsrott, FragDenStaat

Problem: Pauschale Abrechnung

Möglich ist das durch die Art und Weise, wie Ärztinnen und Ärzte die Kontrastmittel bei den Krankenkassen abrechnen können. Die Krankenkassen, insbesondere die AOK, erstatten nämlich die in Rechnung gestellten Geldbeträge pauschal zurück – unabhängig vom tatsächlichen Einkaufspreis.

Deshalb erwerben die Praxen das Präparat häufig auf dem freien Markt,  zu wesentlich günstigeren Konditionen. Der Marktpreis für einen Liter des Kontrastmittels liegt bei ungefähr 800 Euro. Die Pauschalen der Krankenkassen belaufen sich hingegen auf ein Vielfaches. In Bayern können sich die Praxen beispielsweise 3.900 Euro pro Liter zurückerstatten lassen, in Sachsen und Thüringen sogar 4.700 Euro.

Über das Geschäft mit Kontrastmitteln hat detektor.fm-Moderatorin Anja Bolle mit Arne Semsrott von FragDenStaat gesprochen.

Die Krankenkassen sind zwar an sich auskunftspflichtig gegenüber der Öffentlichkeit. Allerdings lassen sie sich nicht gerne in die Karten schauen. Das heißt, wenn man dort Anfragen stellt, werden diese in der Regel mit Verweis auf das Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis abgelehnt.Arne Semsrott 

Redaktion: Oliver Haupt


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