Kritik an unternehmensnahem Unterrichtsmaterial

Wirtschaft macht Schule

Wenn Schulbücher veraltet sind, behelfen sich Lehrer oft mit alternativen Unterrichtsmaterialien. So landen aber auch Broschüren im Klassenzimmer, in denen die Interessen von Unternehmen mehr als nur durchschimmern.

In vielen Bundesländern gibt es ein Schulbuchproblem: Für regelmäßige Neuanschaffungen fehlt das Geld und um aktuelles Unterrichtsmaterial zu bekommen, müssen sich Lehrer selbst helfen. Oft genug fällt die Entscheidung dabei auf von Firmen gesponserte Unterrichtsmaterialien. Die sind zwar kostenlos, aber oft nicht für einen neutralen Unterricht geeignet.

Nicht selten tendenziös

So sind Wissenschaftler der Universität Bielefeld zu dem Schluss gekommen, solche Lernmaterialien seien immer wieder wissenschaftlich und politisch tendenziös und förderten oft einseitig unternehmernahe Weltbilder. Auch Verbraucherschützer warnen mittlerweile vor bestimmten Broschüren. Die Verbraucherzentralen bieten einen „Materialkompass“ an, um Lernmaterialien einfach zu überprüfen – auch wenn dort nur ein Teil des boomenden Marktes für kostenloses Unterrichtsmaterial erfasst ist.

„Daxkonzerne ungeschminkt“

Ein Beispiel für tendenziöse Unterrichtsmaterialien ist die Initiative „Handelsblatt macht Schule“.  Dort geht es laut Webseite um „Daxkonzerne ungeschminkt“ oder „Sternstunden der Wirtschaft“. Seit 2011 hagelt es daran Kritik: In einer Broschüre ging es beispielsweise um die Zukunft der Rentenversicherung, die private Altersvorsorge ist da als Zukunftsmodel gepriesen. Die Deutsche Vermögensberatung AG hatte die Broschüre in Auftrag gegeben und gesponsert, wenig überraschend ist der Anbieter von Lebensversicherungen und Riester-Renten in den Texten gut weggekommen.

Mangelnde Qualifikation der Lehrer

Nur in drei Bundesländern werden Lehrer explizit für das Fach „Wirtschaft“ ausgebildet, oftmals vermitteln fachfremde Lehrer den Schülern Wirtschaftskenntnisse. Deshalb ist die Nachfrage nach externen Unterrichtsmaterialien groß, während leider immer wieder das Material nicht sorgfältig geprüft wird.

Geht die Allgemeinbildung verloren?

Auch abseits der Werbung im Unterricht ist das Lernmaterial umstritten. Jennifer Stange hat mit Tim Engartner darüber gesprochen. Im Gespräch erklärt er, wieso Unterrichtsmaterialien nicht unabhängig geprüft werden und warum die Unterfinanzierung von Schulen ein echtes Problem ist.

Der Allgemeinbildungsauftrag geht mehr und mehr verloren. Eine kritische Perspektive auf gesellschaftliche Entwicklungen findet da nicht mehr statt.Tim Engartner 

Redaktion: Christoph Höland