Legida, Polizei und Wissenschaft | Teilnehmer-Schätzungen auf Demonstrationen

Soziologen haben gezählt: Maximal 5.000 Legida-Demonstranten

Die offizielle Zahl der Polizei liegt bei 15.000 Legida-Demonstranten – und das verursacht Kopfschütteln. Denn Sozialwissenschaftler kommen auf deutlich niedrigere Zahlen. Sie sprechen momentan von 4.000 bis 6.000 Legida-Demonstranten. Wie kommen die großen Unterschiede zu Stande?

Aktualisierung 23.1.2015: Die Soziologen der Universität Leipzig gehen nach Abschluss der drei Zählungen von maximal 5.000 Teilnehmern aus. Bei der Fotomethode haben sie 4.100 Teilnehmer ermittelt, mit der Klickermethode sind sie auf 4.850 Personen gekommen und bei der Auszählung des Videos kommen sie auf 3.800 Demonstranten.

Wissenschaftliche Zweifel an den Zahlen der Polizei

Die Polizei hat bei der ersten Legida-Demonstration 4.800 und bei der gestrigen Legida-Demonstration 15.000 Teilnehmer gezählt. Diese Zahlen der Polizei werden von vielen Medien als seriöse Quelle für Berichte genutzt. Einige sprechen von einem Wachstum. Die meisten setzen die Zahlen mit der Legida-Ankündigung von 40.000 bis 60.000 Demonstranten ins Verhältnis und erkennen eine Niederlage der Organisatoren. Die Polizeizahlen haben einen großen Stellenwert für die jeweiligen Gruppen selbst, die Medien und das Image der jeweiligen Stadt. Doch was, wenn es ernsthafte Zweifel an den Zahlen der Polizei gibt?

Abweichende Erhebungsdaten

Die Zahlen der Leipziger Polizei haben bei vielen Gegendemonstranten für Kritik und Stirnrunzeln gesorgt. Viele Gegendemonstranten wollen weniger Legida-Vertreter gesehen haben. Dabei waren die Legida-Demonstranten leichter zu zählen. Denn die Gruppe hat sich auf einem zentralen Platz gesammelt. Die insgesamt 19 Kundgebungen und Mahnwachen der Gegenseite waren über die gesamte Innenstadt verstreut und durchaus schwer zu zählen. Wissenschaftler der Universität Leipzig bezweifeln die Zahlen der Polizei.

Da hat bei denen wohl der Zähler geklemmt. – Polizeisprecher Uwe Voigt erklärt die großen Unterschiede zwischen Polizei und Wissenschaft

Erhebungen von Seiten der Polizei

Die Zahl von 15.000 Demonstranten gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes ist laut Polizei Leipzig mit dem Hubschrauber und durch Zählungen auf der Straße erhoben worden. Die Polizei bildet dafür Raster auf der Fläche, in denen entweder Köpfe gezählt oder die Anzahl der Personen geschätzt wird. Das Ergebnis der Zählung im Raster wird mit der Anzahl anderer Quadrate multipliziert. Mit einer Mischung aus geographischer Rasterung, Erfahrung und Gutdünken erhält die Polizei dann eine Zahl von Demonstrierenden. Die Erhebungen der Polizei werden anschließend mit denen der Versammlungsbehörde und mit den Veranstaltern verglichen und angepasst. Dann wird eine endgültige Zahl veröffentlicht.

Methoden unabhängiger Beobachter

Mit einem handelsüblichen „Klicker“ haben Wissenschaftler des Instituts für Soziologie auch eine Schätzung zur Legida-Demonstration vorgenommen. Die Wissenschaftler kommen auf 4.000 bis 6.000 Demonstranten. Ein deutlicher Unterschied zu den Zahlen der Polizei. Die Wissenschaftler wundern sich über die Zahlen der Polizei. Sie zählen aktuell auch per Bildmaterial die Demonstranten. Eine finale Zahl wollen sie morgen veröffentlichen. Künftig, so hoffen die Wissenschaftler, wird es sicher per Bild- und Videoauswertung auch technisch möglich sein, korrekte Zahlen zu erhalten.

detektor.fm-Moderator Alex Hertel hat mit Stephan Poppe vom Leipziger Institut für Soziologie über die gravierenden Unterschiede gesprochen. Er hat die Erhebungen zur Legida-Demonstration geleitet und erklärt im Interview, wie die Wissenschaftler schätzen und warum sie so akribisch nachgezählt haben.

Nun sind die Legida-Demonstranten nicht wie eine Armee aufgetreten. Sie sind nicht marschiert, sondern eher spazieren gegangen.Stephan Poppe 

Redaktion: Ronja Hoffmann