Physikexperiment: Der Bell Test

Einsteins Weltbild hinterfragen

Es gibt Teilchen, die aufeinander reagieren, auch wenn sie meilenweit von einander entfernt sind. Wie funktioniert das? In einem groß angelegten Experiment wollen Physiker nun diese Frage beantworten, die den Wissenschaftlern schon seit mehr als fünfzig Jahren Rätsel aufgibt.

Der Bell Test

Für den „Bell Test“ arbeiten Forschungsinstitute aus der ganzen Welt zusammen. Buenos Aires, China, Australien und in Deutschland macht die Ludwig-Maximilian-Universität München mit. Die Forscher messen dafür die sogenannten „verschränkten Teilchen“ durch. Man könnte sie auch „Fernbeziehungs-Teilchen“ nennen. Denn ein Teilchen verändert sich, weil man etwas an ihm misst und das zweite Teilchen verändert sich mit.

Welche Messungen die Forscher durchführen, darüber soll der Zufall entscheiden. Dieser Zufall soll über eine Online-Plattform erzeugt werden, auf der jeder mitmachen kann. Dabei tippen Menschen auf der ganzen Welt eine zufällige Reihe von Nullen und Einsen ein.

Einstein hatte Unrecht

Das Thema klingt ziemlich kompliziert und das ist es auch. Sonst würden Physiker nicht schon seit Generationen darüber grübeln. Ein dänischer Kollege Albert Einsteins, Niels Bohr, stellte die These auf, dass Messgrößen wie „die Position eines Atoms“ keine Bedeutung haben, solange sie niemand misst. Einstein widersprach ihm und sagte, diese „spukhafte Fernbindung“ gibt es nicht.

In den 1960er-Jahren widmete sich John Bell, ein Physiker am CERN, diesem Problem. Er konnte beweisen, dass Einsteins Weltansicht mit der Quantenmechanik nicht vereinbar ist. Seitdem wurden immer wieder Tests zu diesem Konflikt durchgeführt, nach John Bell „Bell Tests“ genannt.

Im vergangenen Jahr hat sich in einem als „lückenlos“ bezeichneten Bell Test ziemlich deutlich gezeigt, dass es „spukhafte Fernbindungen“, wie Einstein sie nannte, wirklich gibt.

Menschen generieren Zufall

Der Big Bell Test, der nun läuft, will diese Erkenntnis noch bekräftigen und zeigen, dass man auch mit völlig zufälligen Messungen zu diesem Ergebnis kommt. Außerdem können beim „Big Bell Test“ erstmals alle Menschen mitmachen. Es soll auch gezeigt werden, dass menschliche Entscheidungen zu wissenschaftlicher Erkenntnis beitragen können.

Dabei gehen die Forscher davon aus, dass sich Menschen zufällig entscheiden, wenn sie eine beliebige Reihe von Nullen und Einsen eintippen sollen. Doch ganz zufällig sind die Reihen nicht unbedingt, da Menschen oft nach Mustern handeln. Der Big Bell Test schafft es, mit dem komplexen Thema viele Menschen zu erreichen und neugierig zu machen.

Wieso die Forschung an den „verschränkten Teilchen“ wichtig ist und wie sie funktioniert, darüber hat detektor.fm-Moderatorin Maja Fiedler mit Reinhard Remfort gesprochen. Er ist Physiker, deutscher Science-Slam-Meister 2013 und macht zusammen mit Nicolas Wöhrl den Wissenschafts-Podcast „Methodisch inkorrekt!„.

Das Experiment beantwortet Fragen nach dem Wesen unserer Realität, ob alles, was es messbar gibt, vorherbestimmt ist oder ob die Welt tatsächlich so komisch ist, wie sie die Quantenmechanik beschreibt.Reinhard Remfort 

Redaktion: Eva Morlang