Raumfahrt | ESA testet Weltraumflieger „IXV“

Europa will mit eigener Fähre ins All – und auch wieder zurück

Entscheidende 100 Minuten für Europas Raumfahrt: Die Weltraumorganisation ESA hat heute den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre geprobt, um ihre Astronauten künftig auch ohne die Hilfe von Russen oder Amerikanern zurück auf die Erde zu holen.

Astronauten ins Weltall zu schicken, das ist das Eine. Doch die Raumfahrer sicher zurückzuholen, ist oft der schwierigere Teil der Missionen. Bisher haben nur die USA, Russland und China die Technologie, um den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre sicher zu gewährleisten.

Europas Weltraumorganisation ESA will hier mittelfristig aufholen: heute wurde dazu ein entscheidender Testflug absolviert. Innerhalb von 100 Minuten stieg der Weltraumflieger „IXV“ (Intermediate eXperimental Vehicle)  auf 412 Kilometer Höhe und umrundete den halben Erdball, bevor er sicher im Pazifik landete.

Für die Ingenieure von der ESA war es der Tag der Entscheidung: Fast zehn Jahre Arbeit und 150 Millionen Euro stecken in dem Gleiter. Kurz sah es so aus, als wäre alles umsonst gewesen:

— ESA IXV (@esa_ixv) 11. Februar 2015

Eine halbe Stunde stand der Zähler am Countdown still, ein Problem mit der Starteinrichtung. Zwangspause. Gegen 14:35 deutscher Zeit setzte der Countdown schließlich wieder ein und wenig später startete „IXV“, angetrieben von einer Vega-Trägerrakete, ihre Reise um den halben Erdball.

Lift off for #Vega VV04 with #IXV at 12:40 CET ! pic.twitter.com/B9yDHUMaW7 — ESA (@esa) 11. Februar 2015

Nicht mal zwei Stunden später landete der Gleiter am Bremsfallschirm baumelnd im Pazifik. Jetzt steht die Auswertung der Daten an.

7,5 Kilometer pro Sekunde

Die entscheidende Phase bei der Rückkehr auf die Erde ist der Wiedereintritt in die Atmosphäre mit 27.000 Kilometern die Stunde. Dabei entstehen durch die Reibung Temperaturen bis zu 1700 Grad Celsius. Zudem muss der Eintrittswinkel genau abgestimmt werden: Ist er zu spitz, verglüht das Raumfahrzeug; ist er zu flach, droht das Gefährt abzuprallen oder den Kurs zu verlieren.  Ob Hitzeschutz und Manöver wie gewünscht funktionieren, haben gut 300 Sensoren während des Fluges gemessen.

In Gabun und Kenia haben Bodenstationen die Signale der Sensoren aufgezeichnet, auch das Schiff „Nos Aires“, das den Flugkörper nach der Landung im Pazifik geborgen hat, nahm Messungen vor. Nach dem Erfolg von heute hofft die ESA auf Fördermittel für einen eigenen Raumgleiter.

Über den erfolgreichen Testflug von „IXV“ haben wir mit Thomas Beck vom Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt gesprochen. Sein Team war an der Planung des Projekts und den heutigen Messungen beteiligt.
„Sekt, Schnittchen und auch mal Tränen im Control Center“Thomas Beck 

 Timelapse-Video: So entstand der Weltraumflieger

 Redaktion: Marc Zimmer

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