„Sämtliche Schriften“ von Alexander von Humboldt

Der erste Klimaforscher?

Alexander von Humboldt war ein Universalgelehrter. Zum 250. Geburtstag erscheint nun eine Gesamtausgabe seiner Werke. Die Aktualität seines Denkens ist verblüffend: Er hat schon im 19. Jahrhundert den menschengemachten Klimawandel beschrieben.

Emanzipatorisch und liberal

Entdecker, Naturforscher und politischer Aktivist – Alexander von Humboldt war vieles. Er hat sich zuerst in einzelnen Wissenschaften gebildet, später dann auch verschiedene Fachgebiete zusammengeführt. Dieses Jahr wäre Alexander von Humboldt 250 Jahre alt geworden. In seiner Heimatstadt Berlin gibt es etliche Veranstaltungen und Festlichkeiten zu diesem Jubiläum.

Einige seiner Werke wie „Kosmos“ oder seine Tagebücher sind gut bekannt, andere wurden nie veröffentlicht. Forscher der Universität Bern geben nun einen Band mit den gesammelten Schriften des Wissenschaftlers heraus. „Sämtliche Schriften“ ist die erste Gesamtausgabe von Humboldts Werken. Über 800 Schriftstücke sind darin enthalten, die meisten wurden erstmals editiert. Einige sind von überraschender Aktualität.

Es gibt Texte von Humboldt, da hat man den Eindruck, die seien vor zwei Wochen erschienen, nicht vor 200 Jahren. Zum Beispiel der Text über die künftigen Verhältnisse von Europa und Amerika. – Oliver Lubrich, Literaturwissenschaftler an der Universität Bern und Mitherausgeber

In seinen Veröffentlichungen bezieht der Forscher immer wieder politisch Position. Er ist Humanist, strikt gegen Sklaverei und Kolonialismus und überzeugt von den Menschenrechten. So träumt er von einer Welt, in der die Menschen gleichberechtigt miteinander umgehen.

Seine Idee ist die, dass es zu einem allgemeinen gesellschaftlichen Fortschritt kommen werde, wenn die Völker nur intimer, inniger miteinander Handel treiben. – Oliver Lubrich

Humboldt als Pionier der Klimaforschung

Sogar den menschengemachten Klimawandel hat Humboldt schon beschrieben. Er beobachtete Temperatur und Niederschläge über längere Zeit und in einem großen Raum. Das hat er dann mit menschlichem Handeln wie der Zerstörung von Wäldern und dem Ausstoß von Abgasen in Verbindung gebracht. Diese Schlussfolgerung ist für das 19. Jahrhundert äußerst bemerkenswert. Erst in den 1970er Jahren entdeckte die Umweltbewegung Humboldts Schriften wieder. Seitdem gilt Humboldt als Pionier der Klimaforschung.

Die Humboldt-Gesamtausgabe „Sämtliche Schriften“ erscheint am 16. August 2019 bei dtv. Von der Veröffentlichung erhoffen sich die Herausgeber neue Impulse für verschiedene Forschungsrichtungen.

Über die gesammelten Schriften hat Journalist Joachim Dresdner mit Oliver Lubrich gesprochen. Er ist Literaturwissenschaftler an der Universität Bern und Mitherausgeber der 10-bändigen Ausgabe „Sämtliche Schriften“.

Kritik an der Kirche, Kritik am Kolonialismus: Vom ersten Text an ist das zu erkennen und zieht sich über 70 Jahre durch sein Werk.Oliver Lubrich 

Redaktion: Jonas Dietz