Mittelwelle wird abgeschaltet

Ende einer hundertjährigen Radiogeschichte

Die Mittelwelle wird abgeschaltet. Bis zum 31. Dezember 2015 werden jetzt auch die letzten Frequenzen eingestellt. Dann ist Ruhe auf der Mittelwelle. Schuld ist eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2012. Ein Rückblick auf fast 100 Jahre Radiogeschichte.

Langes Siechtum der Mittelwelle

Die Mittelwelle gehört wie die Antenne zum Radio. Aber genauso wie ausziehbare Drahtkonstruktionen bald komplett der Vergangenheit angehören könnten, stirbt die Amplitudenmodulation aus. In einem Nachruf würde vermutlich etwas wie „nach langer Krankheit von uns gegangen“ oder ähnliches stehen. Fast 100 Jahre lang ist die Mittelwelle Übertragungsweg für das Radio gewesen. 1923 ist über sie auf Welle 400 das erste deutsche Hörfunksignal überhaupt ausgestrahlt worden.

EU fällt „Todesurteil“

Ende 2015 ist nun in Deutschland Schluss. Denn eine EU-Richtlinie von 2012 sieht vor, dass alle analoge Rundfunksignale eingestellt werden. Nachdem mehrere öffentlich-rechtliche Anstalten bereits ihre Frequenzen eingestampft haben, kommt nun auch das Ende für die letzten verbliebenen Mittelwellensender des Deutschlandfunks.

Auch die meisten Sendemasten sind bereits abgerissen worden. Der Sendebetrieb hat viel Energie gekostet und ist deshalb zu teuer geworden. Manch ein Sendemast verbraucht zwei Megawatt und mehr. Die frei werdenden finanziellen Ressourcen sollen hauptsächlich für die Etablierung und den Ausbau des umstrittenen Digitalradios, DAB + genutzt werden.

In Europa passé, woanders Alltag

In Australien, Nord- und Südamerika und auch in den Balkanstaaten erfreut sich die Mittelwelle jedoch noch immer großer Beliebtheit. Hauptgrund dürfte die größere Reichweite gegenüber den gängigen Ultrakurzwellen-Signalen (UKW) sein. Die punktet zwar mit besserem Stereoklang. Für den braucht man aber wesentlich mehr Sender, um die gleiche Fläche zu bespielen. In Sachen Reichweite lief die Kurzwelle (KW) der Mittelwelle bereits in der Nachkriegszeit den Rang ab, jedoch bei schlechterer Klangqualität.  So existierte die Mittelwelle irgendwo dazwischen weiter bis heute weiter.

In den 1960er Jahren benutzten niederländische und britische Radiomacher und Aktivisten den Übertragungsweg für die Ausstrahlung ihrer Piratensender, wie Radio Caroline. Sie haben mit ihren Sendern damals neuen Wind in die Radiolandschaft gebracht. Das ist vielleicht der letzte große Auftritt der Mittelwelle gewesen. Denn nach dem Ende der Piratensender ging es in Europa langsam aber sicher bergab mit der Mittelwelle.

detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt hat mit dem Hörfunkjournalisten und Rundfunktechniker Joachim Dresdner über die Geschichte der Amplitudenmodulation gesprochen. Sie ist lange auch sein berufliches zu Hause gewesen.

Im Internet kann man sich grenzenlos – wie einst auf der Mittelwelle – die Vielfalt reinholen. Sie können alle musikalischen Färbungen und alle Informationen dort bekommen.Achim Dresdner 

Redaktion: Andre Beyer