„Intelligente Videoüberwachung“ wird in Deutschland getestet

Zug verpasst oder Tasche geklaut?

Kameras, die selbstständig Gefahrensituationen einschätzen – klingt irgendwie beeindruckend. Bahn und die Bundespolizei wollen nun ein solches System am Bahnhof Berlin Südkreuz testen. Die Technik dahinter bezeichnet man als „intelligente Videoüberwachung“. Doch ganz unumstritten ist das Ganze nicht.

Überwachungskameras sollen in Zukunft selbst erkennen können, ob gerade eine Straftat im Gange ist. Das Prinzip dahinter wird häufig als „intelligente Videoüberwachung bezeichnet. Ein Pilotprojekt dazu könnte noch dieses Jahr am Bahnhof Berlin Südkreuz  Realität werden. Die Grundlagen dafür aber sind umstritten.

Mehr Überwachung, mehr Arbeit

Bisher konnten die Aufnahmen von Videokameras erst im Anschluss an eine Straftat ausgewertet werden. Und selbst wenn die fragliche Tat aufgezeichnet wurde, musste man oft lange suchen, um eine gute Aufzeichnung der Täter zu finden. Ist das Gesicht auf solchen Aufnahmen nicht oder nur schlecht zu erkennen, hält sich ihr Wert für die Ermittlungen in Grenzen. Intelligente Videoüberwachung soll hier einen proaktiven Ansatz bieten.

Die schlaue Kamera

Anhand von Algorithmen sollen Überwachungskameras bald Situationen erkennen und kategorisieren können. Wenn ein Gepäckstück lange unbeaufsichtigt irgendwo herumsteht oder sich jemand wie ein Taschendieb bewegt, registriert das die Überwachungskamera. Daraufhin soll der Computer „echte“ Sicherheitskräfte informieren. Eine Streife kann die Situation dann überprüfen.

Nicht nur Bewegungsabläufe soll das neue Kamerasystem auswerten können. Eine Software zur Gesichtserkennung steckt ebenfalls drin. Wer der intelligenten Videoüberwachung vor die Linse kommt, kann automatisch mit Datenbanken abgeglichen werden. So soll sich zum Beispiel schnell feststellen lassen, ob bereits auffällig gewordene Straftäter vor Ort sind.

Intelligente Videoüberwachung ein Albtraum für Datenschützer

Das Problem mit der Gesichtserkennung ist: Ausnahmslos jeder wird von der Kamera erfasst. Damit das Auffinden Einzelner in den Datenbanken funktioniert, muss das System alle vor Ort scannen. Für Datenschützer öffnet dies potentiellem Missbrauch Tür und Tor. Auch Fehlschlüsse liegen im Bereich des Möglichen.

Denn Computeralgorithmen sind nicht unfehlbar. Unter verdächtiges Verhalten fällt auch Rennen. Bekanntermaßen gibt es an Bahnhöfen noch andere Gründe zu rennen, als das Begehen einer Straftat aber erkennt die Software das auch?

Ob es sich bei intelligenter Videoüberwachung um ein zukunftsträchtiges Konzept oder einen orwellschen Albtraum handelt, hat detektor.fm-Moderatorin Marie Landes mit Matthias Monroy besprochen. Er ist Redakteur bei der Zeitschrift Bürgerrechte und Polizei.

Das Delikate ist natürlich der spätere Abgleich mit Datenbanken. Es werden alle Personen erfasst. Schon allein das ist datenschutzrechtlich total heikel, weil alle Personen erst mal ins Raster geraten. Davon abgesehen gibt es bei solchen Systemen auch immer falsche Treffer.Matthias Monroy 

Redaktion: Alexander Goll

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