Zurück zum Thema | Inklusion an Hochschulen

Wie können Menschen mit intellektueller Behinderung studieren?

Ein Studium für Menschen mit intellektueller Behinderung bringt Teilhabe — passiert allerdings noch sehr selten. Verschiedene Pilotprojekte zeigen, wie Hochschulen mehr Inklusion für Menschen mit intellektueller Behinderung bringen können.

Studieren ist Teilhabe

Trotz aller Beteuerungen zur gewollten Inklusion: Für Menschen mit intellektueller Behinderung ist ein Studium in den meisten Fällen unrealistisch. Abseits von der sonderpädagogischen Bildungsstruktur ist es oft nicht einmal möglich, die Schule mit dem Abitur abzuschließen — der Beginn eines Studiums rückt damit in weite Ferne. Doch das muss nicht so sein. Verschiedene Projekte auf der Welt zeigen, dass Studieren für Menschen mit intellektueller Behinderung — zum Beispiel mit Down-Syndrom — möglich ist. Es braucht dafür nur die entsprechenden Strukturen.

Wir können bestimmte Sachen gut, und wir können andere Sachen weniger gut, und das heißt aber nicht, dass wir uns in den Sachen, in denen wir gut sind, nicht weiter qualifizieren können. Ich glaube, das ist so eine wichtige Grundannahme, mit der Hochschulen im Grunde auch an Bildung von Menschen mit Lernschwierigkeiten rangehen müssten.

Angela Müller-Giannetti, Projektleiterin von ARTplus

Foto: Anja Paap

Projekte wie das Otzmot Empowerment Project an der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv zeigen, wie es gehen kann. Hier gibt es für Menschen mit intellektueller Behinderung die Möglichkeit, von Studierenden unterrichtete Einführungskurse für verschiedene Studiengänge zu besuchen. Nach dem Abschluss dieser Kurse können sie an inklusiven Kursen gemeinsam mit Studierenden ohne Behinderung teilnehmen. Die besten Teilnehmerinnen und Teilnehmer können dann einen regulären Bachelorstudiengang beginnen und bekommen von der Hochschule für diese Zeit einen Tutor oder eine Tutorin gestellt. Auch die Universität Köln hatte 2019 mit dem „SUSHI“-Programm eine inklusive Sommerschule geschaffen.

Inklusion: Sichtbarkeit in alle Richtungen

Um Studieren inklusiver zu gestalten, braucht es Sichtbarkeit — für die Menschen, die mit intellektueller Behinderung leben und studieren wollen. Aber auch für die Angebote und Möglichkeiten. Die sind in Deutschland zwar noch selten, doch bringt Aufmerksamkeit für Projekte wie ARTplus vom Eucrea Verband Kunst und Behinderung e. V. mehr inklusive Projekte ins Rollen. Eucrea setzt sich unter anderem für die Inklusion innerhalb künstlerischer Hochschulbildung ein.

Wenn man sich immer auch in der Lehre hinterfragt, dann tun sich da wirklich ganz neue Möglichkeiten auf, sich in seinen Qualitäten kennenzulernen: Dass jeder Mensch eigentlich seine eigenen Qualitäten und Möglichkeiten mitbringt, und die überraschen dann auch immer wieder.

Hans-Joachim Reich, Professor für Performance, Kunst und Tanz an der HKS Ottersberg

Wie ein Studium für Menschen mit intellektueller Behinderung aussehen kann, darüber haben wir in dieser Folge „Zurück zum Thema“ mit Hans-Joachim Reich gesprochen. Er ist Professor an der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg und arbeitet innerhalb des Projektes ARTplus mit Studierenden mit und ohne Behinderung. Angela Müller-Giannetti, Projektleiterin von ARTplus, erklärt, wie es um die Inklusion im akademischen Betrieb in Deutschland steht.