In Indien und China sind Mädchen oft unerwünscht. Die Medizin hat es ermöglicht, dass das Geschlecht eines Kindes schon sehr früh in der Schwangerschaft bestimmt werden kann. Das führt zu einem verzerrten Geschlechterverhältnis, dessen Folgen noch nicht absehbar sind.
In vielen Ländern der Erde geben Jungen den Familiennamen weiter und sie sichern den Fortbestand der Familie. Deshalb werden Jungen beim Kinderwunsch dort bevorzugt. Durch Blutuntersuchungen von Schwangeren kann bereits sehr früh in der Schwangerschaft festgestellt werden, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen wird. In vielen asiatischen Ländern hat diese Praxis der pränatalen Geschlechtsselektion dazu geführt, dass in Asien für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis etwa etwa 117 Millionen Frauen fehlen.
How a surplus of men impacts a society depends on how the institution of the family and how sexuality and norms about femininity and masculinity are organized in this society.
Lisa Eklund, Professorin für Soziologie und Genderforscherin
Die patriarchalen Strukturen sind in vielen Ländern fest zementiert. Jungen wird Bildung und Arbeit eher ermöglicht als Mädchen. Kulturell und sozial gesehen, ist es profitabler einen Jungen großzuziehen. Denn Töchter verlassen mit der Heirat das Haus und die Eltern, teils inklusive hoher Mitgift. Es obliegt den Söhnen sich um die Eltern zu kümmern. In Indien werden seit vielen Jahren weibliche Föten abgetrieben – obwohl es offiziell verboten ist. Denn gesellschaftlich verankerte Strukturen sind nur schwer zu verändern.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat sich mit der Abtreibung weiblicher Föten weltweit auseinandergesetzt. Darin wird prognostiziert, dass durch die pränatale Geschlechtsselektion bis zum Jahr 2100 viele Millionen Frauen fehlen werden. Welche Folgen das für den sozialen Status von Frauen hat, ist nicht absehbar. In China hat die Ein-Kind-Politik bereits dazu geführt, dass es einen großen Überschuss an jungen Männern gibt, die keine Partnerin finden. Da eine Heirat einen sozialen Aufstieg für Frauen bedeuten kann, werden besonders sozial schwache Männer ohne Frau bleiben.
As staticians, we provide the evidence to the policy makers so that they can understand the problem of sex imbalances at birth and better tackle the situation.
Fengqing Chao, forscht zu statistischer Demographie und globaler Gesundheit
detektor.fm-Moderator Til Schäbitz hat mit Fengqing Chao gesprochen. Sie forscht unter anderem zu statistischer Demografie und globaler Gesundheit an der King Abdullah University of Science and Technology in Saudi Arabien und war Teil des Forschungsteams der kürzlich veröffentlichten Studie. Außerdem erklärt die schwedische Soziologin und Genderforscherin Lisa Eklund, welche Folgen es für eine Gesellschaft hat, wenn es mehr Männer als Frauen gibt.