DOK Leipzig 2018 | Identitäten in Ex-Jugoslawien

Wer sind wir jetzt?

Ex-Jugoslawien ist bis heute von den vielen Konflikten und Kriegen seiner Vergangenheit geprägt. Was macht das mit den Menschen dort? Zwei Filmemacher nehmen sich dieser Frage auf dem diesjährigen DOK Leipzig an.

Sehnsucht nach alter Heimat und modernen Werten

Der Zerfall Jugoslawiens hat sich seit den ersten Unabhängigkeitserklärungen bis in die frühen 2000er gestreckt. Viele blutige Konflikte und Kriege haben das Ende dieses Staats ausgemacht. Doch Menschen, die dort aufgewachsen sind, sehnen sich häufig nach ihrer alten Heimat. Nach der Sicherheit, die Jugoslawien ihnen gegeben hat. Während diese Sentimentalität einer älteren Generation kaum überrascht, erscheint es auf der anderen Seite fast seltsam, dass auch unter ihren Enkeln eine gewisse Jugonostalgika vorhanden ist.

Bei der jungen Generation spielt das auf Werte an, die auch europäische Werte sind. Dass man sich verständigt und viele Erfahrungen sammeln kann. Ethnische und religiöse Grenzen sind gar keine Grenzen mehr, sondern Erfahrungen der Differenz, die total interessant sind. Da ist ein großer Hunger am Anderen. – Jochen Töpfer, Osteuropa-Institut FU Berlin

Ex-Jugoslawien auf der Leinwand: „Srbenka“ und „Ikea for YU“

Zu den Menschen, die nach der Auflösung Jugoslawiens auf der Suche nach neuen Identitäten sind, gehören auch zwei junge Filmemacher, die auf dem diesjährigen DOK Leipzig vertreten sind. Marija Ratkovic Vidakovic hat sich in „IKEA for YU“ die generationellen Unterschiede in ihrer eigenen Familie angeschaut.

Obwohl das Land vor 25 Jahren zerfallen ist, ist es in ihnen. Sie wurden einfach so erzogen. Es geht nicht darum die Denkmähler zu besuchen, es ist einfach eine Mentalität. Nicht nur ihre, sie ist überall hier im Balkan vertreten. Ich möchte das einfach nicht mehr an mein Kind weitergeben. Ich möchte in einer solchen Umwelt nicht leben. – Marija Ratkovic Vidakovic, „IKEA for YU“

Auf eine andere Art widmet sich Regisseur Nebojša Slijepcevic dem Thema. Er hat in dem Film „Srbenka“ die Proben zu einem Theaterstück über ein ermordetes serbisches Mädchen begleitet. Während der Proben fällt es dem Ensemble immer schwerer, das Stück von ihren eigenen Erlebnissen und Traumata zu trennen.

Als Medienpartner des DOK Leipzig widmet detektor.fm dem Filmfestival eine Beitragsreihe unter dem Thema Identität. Redakteurin Valérie Eiseler hat sich hier der Frage nach der post-jugoslawischen Identitäten gewidmet. detektor.fm-Moderatorin Bernadette Huber hat den Beitrag gesprochen.

Eine nationale Politik der Versöhnung wird dringend gebraucht, aber das fehlt. Alle haben einen Opfermythos aufgebaut und aus dieser Position ist es natürlich schwer. Warum sollte man Aufarbeitung starten, wenn man doch das Opfer ist.Jochen Töpfer