Er gilt als Maler der Masken, war ein scharfzüngiger Beobachter und verehrte Jesus als revolutionäre Figur. Der flämische Künstler James Ensor war zu Lebzeiten umstritten, heute ist er aus Belgien nicht mehr wegzudenken. Zum 75. Todestag feiert Flandern seinen großen Künstler. Was gibt es zu entdecken?
„Die Maske herrscht in der Einsamkeit, hinter ihr verbirgt sich Gewalt und Glanz“, so oder so ähnlich soll es James Ensor ausgedrückt haben. Zeit seines Lebens war er von jenen Masken umgeben, wuchs zwischen ihnen auf im Kuriositätengeschäft seiner Eltern in Ostende. Dort wurde James Ensor 1869 geboren und dort starb er auch 89 Jahre später. Zu Lebzeiten entwickelte sich die Küstenstadt Ostende zu einem Touristenmagnet. Als „Nizza des Nordens“ wurde es deswegen auch bezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich an der Architektur der Stadt einiges verändert, die Belle-Epoque-Bauten sind Neubauten gewichen.
Fast alle Straßen laufen auf das Meer zu, erzählt Freya Dieckmann im Podcast. Das Meer und der Strand waren es auch, die James Ensor immer wieder inspiriert haben. Nahezu sein ganzes Leben verbrachte er in dieser Stadt, in der Nähe des Strandes liegt er begraben.
Zu Lebzeiten oft missverstanden und missachtet, wird James Ensor heute verehrt. Schon 1929 wurde ihm zu Ehren in Ostende eine Statue errichtet. Im Königlichen Museum für Schöne Künste Antwerpen findet sich heute die größte James-Ensor-Sammlung der Welt wieder. Dennoch hängt sein wohl bekanntestes Gemälde — „L’Entrée du Christ à Bruxelles“ (1888) — im J. Paul Getty Museum in Los Angeles. Es zeigt einen farbenfrohen Karnevalsumzug, der durch die Straßen Brüssels zieht. Fast unscheinbar reitet Jesus Christus inmitten der ausgelassen feiernden Menge. Der Atheist Ensor sah in dieser Figur einen Revolutionär, erzählt Xavier Tricot. Das Gemälde sei seine ganz persönliche Auseinandersetzung mit der Heuchelei der reichen Bourgeoisie und den gesellschaftlichen Missständen seiner Zeit.
Mit seinen Werken gehörte Ensor einer Generation von europäischen Künstlerinnen und Künstlern an, die für grundlegende Veränderungen innerhalb der Kunst standen, erklärt der Kurator Herwig Todts aus Antwerpen. Ensor setzte sich mit den Werken von Claude Monet oder auch August Renoir auseinander und entwickelte daraus einen ganz eigenen Stil.
2024 jährt sich James Ensors Tod zum 75. Mal. Anlässlich dieses Jubiläums finden in Flandern über das ganze Jahr hinweg Veranstaltungen und Ausstellungen zu Ehren von James Ensor und seinem Werk statt. Darüber spricht detektor.fm-Moderatorin Aileen Wrozyna in dieser Folge von „Kunst und Leben“, dem Podcast in Kooperation mit dem Monopol-Magazin, mit Freya Dieckmann vom Monopol-Magazin, dem Kurator und Ensor-Experten am Ensor-Haus in Ostende Xavier Tricot, und mit Herwig Todts, ebenfalls Kurator und Leiter des Ensor Research Project Teams am Königlichen Museum für Schöne Künste Antwerpen. Diese Folge ist in Kooperation mit VISITFLANDERS entstanden.