Album der Woche: Björk – Utopia

Gestaltet die Zukunft!

Björks neues Album „Utopia“ wurde scherzhaft als Tinder-Album angekündigt. Online-Dating und Schmetterlinge im Bauch sind aber nicht alles. Auf „Utopia“ geht es um einen Neuanfang, auf persönlicher und auf gesellschaftlicher Ebene. Und daran lässt uns die isländische Avantgardepop-Künstlerin teilhaben.

Sich gegenseitig Songs emailen, ein Mixtape aufnehmen, das aufregende Gefühl des ersten Kusses – wenn es um’s Verliebtsein geht, unterscheidet sich Björk Gudmundsdottir nicht vom Durchschnittsmenschen. Auf dem letzten Album Vulnicura hat sie die hässliche Trennung von ihrem Partner Matthew Barney verarbeitet. Dieses schmerzvolle Kapitel ist nun abgeschlossen und Björk ist bereit, das nächste aufzuschlagen. Das tut sie in Form ihres zehnten Studioalbums Utopia.

Vogelgezwitscher und Flöten

Björk ist bekannt für ihre Affinität zur Natur. Geschrieben hat sie die neuen Stücke in einem Haus etwas außerhalb von Reykjavik, durch dessen riesige Fenster man auf die überwältigende isländische Landschaft schaut. Da überrascht es nicht, dass man auf Utopia als erstes Vogelgezwitscher hört. Das taucht im Laufe des Albums immer wieder auf, mal mehr mal weniger verfremdet. Dazu plätschert das Wasser, rauscht der Wind und es erklingen mal eine Harfe, mal eisige Synthies, verzerrte Percussions und immer wieder Flöten. Für die Aufnahmen hat Björk eigens ein 12-köpfiges Flötenensemble gegründet und damit zwei Monate lang jeden Freitag geprobt. Außerdem ist auf dem Album auch der Hamrahlid Chor zuhören, in dem sie selbst als Teenager gesungen hat.

Wie schon beim Vorgänger hat Björk wieder mit dem venezoelanischen Produzent Arca zusammengearbeitet. Gemeinsam schaffen sie einen futuristischer Digitalsound, zu dem die Künstlerin ihre Gedanken zur Suche nach Liebe und ihrem Utopia formuliert. Ihre Texte sind zwar von persönlichen Erfahrungen inspiriert, wie zum Beispiel der Song Sue Me, in dem es um dem Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Partner geht. Aber sie deuten auch immer in die Gesellschaft als Ganzes. Männer haben Frauen, und auch anderen Männern, schlimme Dinge angetan. Aber jetzt ist es Zeit nach vorne zu schauen und die alten Flüche hinter sich zu lassen, damit die nächste Generation unbelastet davon aufwachsen kann.

Gegen Abschottung und Abgrenzung

In Zeiten von hasserfüllten Präsidentenreden über Abgrenzung und Abschottung, plädiert Björk mit Utopia für die Überwindung dieser. Es ist ein Manifest für eine positive Sicht auf die Zukunft und gleichzeitig eine Handlungsanweisung, diese Zukunft aktiv zu gestalten. Denn wenn wir das nicht selbst machen, übernimmt es jemand anderes.

Redaktion