Album der Woche: Father John Misty – God’s Favorite Customer

Des Herren bester Kunde

Der Songwriter Father John Misty eckt mit seiner Künstlerattitüde genau so sehr an wie mit seinen Songs. Die waren bisher meistens ziemlich ironisch bis zynisch. Nun ist sein viertes Studioalbum erschienen – „God’s Favorite Customer“. Auf dem klingt Father John Misty plötzlich gar nicht mehr so zynisch und großspurig.

Wer von der aufgehenden Sonne singt, der macht das meistens, um den neuen Tag zu begrüßen. Father John Misty gehört nicht zu der Sorte Schön-Wetter-Sänger. Er will vom freudebringenden Sonnenschein nichts wissen, sondern würde den Vorhang am liebsten einfach zuziehen. So klingt zumindest der Auftakt „Hangout at the Gallows“ des neuen Albums „God’s Favorite Customer“.

Fans und Kritiker wundern sich. Schließlich ist es gerade mal ein Jahr her, dass der feine Beobachter sein ironisches Meisterwerk „Pure Comedy“ rausgebracht hat. Auf dem nahm er noch alles genauestens unter die Lupe, was die Welt beschäftigt hat, und zog es durch einen Kakao, der mal mit LSD, mal mit Rotwein versetzt war. „God’s Favorite Customer“ kommt anders daher. Dieses Mal blickt Father John Misty hinter die Fassade des Künstler-Egos.

Rückzug in die Hotelzimmer-Höhle

Dafür hat er sich Zeit genommen. Zwei Monate lang lebte Josh Tillman – wie Father John Misty bürgerlich genannt wird – alleine in einem Hotel. Damals musste er raus aus dem Tourbus und alleine sein. Weil ihm sein Leben um die Ohren flog, wie er selber sagt. In „Mr. Tillman“ lässt Father John Misty diese Explosion Revü passieren und offenbart sich als einen von Paranoia und Wahnsinn geplagten Rockstar.

Dabei geht es auf „God’s Favorite Customer“ nicht bloß um die Hoteleskapaden einer schillernden Persönlichkeit. Stattdessen passiert etwas, das man bei Father John Misty nur selten erlebt: Er erzählt von sich. Und von seiner gescheiterten Ehe. Der Father weiß vielleicht, wie man auf einem Album die ganze Welt auseinander nimmt. Wie man wiederum eine Liebesbeziehung zusammenhält – Diese Frage bringt den großen Popzyniker in „Just Dumb Enough to Try“ zur Verzweiflung.

Im Moment der Verzweiflung

Dass Father John Misty sich deswegen zu God’s Favorite Customer – Des Herren besten Kunden – erklärt, mag sich überheblich anhören. Dennoch ist das vielleicht eines der menschlichsten Gefühle auf dem Album. Im Familienhaus wurde Josh Tillmann zum Christ erzogen, wollte sogar mal Jugendpastor werden. Dann entschied er sich für einen anderen Weg. Erst im Moment der Verzweiflung klopft er im Titeltrack an die Tür des Herren. So als wollte er dieses Mal einfordern, wofür er seine Jugend lang gebetet hatte.

Musikalisch ist „God’s Favorite Customer“ ein neues Kapitel, das sich nahtlos in die Erzählung des heiligen Mistys einreiht. Während der Vorgänger „Pure Comedy“ sich oft schon fast lächerlich groß entfaltet, reduziert sich Father John Misty dieses Mal allerdings auf kleinere Rock-Arrangements nach amerikanischer Schule. Das Album lässt so einen neuen Blick auf Father John Misty zu. Es ist der Blick in ein Hotelzimmer, in dem jemand seit zwei Monaten die Vorhänge nicht mehr aufgezogen hat. Und obwohl es in der Höhle des Fathers dunkel ist, entdecken lässt sich dennoch jede Menge.

Redaktion