Album der Woche: Father John Misty – Pure Comedy

Der mitfühlende Zyniker

Seit 2012 veröffentlicht Josh Tillman als Father John Misty seine üppig arrangierte Popmusik. Sein drittes Album „Pure Comedy“ ist ein Abgesang auf die Menschheit: Gesellschaft, Politik, Religion – nichts bleibt verschont. Oder ist doch alles nur „pure Unterhaltung“?

Popmusik kann die Welt nicht retten, denn sie dient ja gerade dazu, dass wir unsere kleinen und großen Probleme für dreieinhalb Minuten vergessen. Unbezahlte Rechnungen, nervige Nachbarn und Klimawandel kann man mit der Lieblingsplatte einfach mal ausblenden. Sollte es sich dabei aber um Pure Comedy, das neue Album von Father John Misty handeln, funktioniert das nur eingeschränkt. Denn hier bekommt man Apokalypse und Endzeitfantasien richtig dick aufs Brot geschmiert.

Bob Dylan ist akzeptabel

Hinter Father John Misty steckt Josh Tillman. Tillman wächst in einer christlich-evangelikalen Familie auf, mit strengen Regeln und keinerlei weltlicher Musik. Allerdings kann er seine Eltern irgendwann davon überzeugen, dass Bob Dylan ein akzeptabler christlicher Künstler ist. Als Kind lernt Tillman Schlagzeug und Gitarre spielen, mit 21 zieht er nach Seattle und schreibt erste eigene Songs. Er tritt im Vorprogramm von Damien Jurado auf und veröffentlicht erste eigene Alben, damals noch als J. Tillmann. Trotz einiger Achtungserfolge steigt er 2008 bei den Fleet Foxes als Schlagzeuger ein bevor er 2012 als Father John Misty seine Solokarriere wieder aufnimmt.

Beim letzten Album I Love You Honeybear wusste man nicht so genau, ob die Liebesbekundungen von Father John Misty super ironisch oder doch ernst gemeint waren. Oder vielleicht beides? Bei Pure Comedy hat man eher nicht das Gefühl, dass alles ein großer Witz ist, dafür sind seine Beobachtungen leider ziemlich akkurat: Die Menschen sind Entertainment-übersättigt, haben kaum noch Bezug zur realen Welt und sind scheinbar immun gegen Bilder von Gewalt und Krieg.

Auch wenn ein Szenario wie das in Ballad Of A Dying Man zuerst ein wenig übertrieben wirkt: ein sterbender Mann checkt im letzten Atemzug noch schnell seinen News Feed, er könnte ja was verpassen. Auf den zweiten Blick erscheint es irgendwie doch nicht mehr so absurd.

Warme Wohlfühlmelodien vs. quälende Texte

Die Musik auf Pure Comedy steht im Gegensatz zu den quälenden Texten: üppig arrangierte Stücke im Stil von 70er Westcoast-Pop mit Klavier, Gitarren, Streichern und Background-Chor. Warme Wohlfühlmelodien, die sich ganz leicht ins Ohr schmeicheln.

Auf Pure Comedy ist Father John Misty ist ein mitfühlender Zyniker, der unerbittlich den Finger in die Wunde legt. Und auch wenn es mitunter etwas anstrengend wird, so hört man ihm bei Besingen der Apokalypse doch gerne zu. Es ist eben immer noch Popmusik.

Redaktion