Album der Woche: Iron And Wine – Ghost On Ghost

Eben noch im heimischen Schlafzimmer, jetzt schon bei David Letterman auf der Showbühne. In den vergangenen zehn Jahren hat sich Sam Beam alias Iron & Wine vom Lofi-Helden zum Indieliebling gemausert. Jetzt erscheint sein neues Album „Ghost On Ghost“. Darauf fröhnt er seiner Leidenschaft für Background-Chöre und Gute-Laune-Popnummern.

Wenn aus Sam Beam ein Prediger geworden wäre, hätte das vermutlich niemanden gewundert. Immerhin ist er in einer sehr religiösen Familie im sogenannten Bible Belt aufgewachsen. Und mit seinem eindrucksvollen Bart könnte er locker als einer der zwölf Apostel durchgehen. Zum Glück hat er sich aber für eine weltliche Karriere entschieden, zunächst als Professor für Film an der Universität von Miami. 2002 veröffentlichte er schließlich unter dem Namen Iron & Wine sein erstes Album. Nun bringt Iron & Wine Album Nummer fünf mit dem Titel Ghost on Ghost an den Start.

Der Albumtitel entstammt einer Zeile aus dem Song Grace for Saints and Ramblers, einer flotten Upbeat-Nummer. Darin lässt der Sänger Details einer Jugend im Süden der USA an des Hörers inneren Auge vorbei ziehen. Es gibt übereinandergestapelte Autowracks, endlose Kornfelder und heimliches Knutschen in der Hinterhofsackgasse. Dazu erklingen eine groovige Orgel, liebliche Streicher und lässige Handklatscher. Es mag sich ein bisschen nach grauenhaften Privatradio-Morningshows anhören, aber der Song macht gute Laune. Und steht damit repräsentativ für das gesamte Album. Sam Beam hatte ja schon bei seiner letzten Platte mehr Dur als Moll gespielt. Und er nimmt natürlich auch längst nicht mehr mit Vierspur-Rekorder im eigenen Schlafzimmer auf.

Für Ghost on Ghost hat sich Beam wieder mit Brian Deck zusammengetan, mit dem er schon in der Vergangenheit häufig gearbeitet hat. Darüber hinaus hat er eine Reihe hochkarätiger Jazzmusiker um sich gescharrt. Die durften sich dann an seinen opulenten Jazz-Pop-Arrangements austoben.

Ghost on Ghost ist voller Blech- und Holzbläser, anschwellender Streicher und Backing Vocals. Der Song Lover’s Revolution verbindet Jazz, Funk und Rock und ist somit fast schon Jazzfusion. Das Stück The Desert Babbler ist eine Easy Listening-Version von Southern Gospel mit jeder Menge uuuuhs und aaaahs.

Nach den letzten zwei Iron & Wine Platten The Shepherd’s Dog und Kiss each other clean kommt die neuerliche Stiländerung kaum überraschend. Sam Beam selbst betont in Interviews gerne, dass er auf keinen Fall immer wieder die gleiche Platte aufnehmen will. Auf dem neuen Album klingt er entspannt und zufrieden und es macht Freude, ihm beim Zufriendensein zuzuhören. Mit Ghost on Ghost liefert Iron & Wine den passenden Soundtrack zum jetzt endlich beginnenden Frühling.

Redaktion