Album der Woche | Jacco Gardner – Somnium

Die Reise zum Mond

Der Niederländer Jacco Gardner ist bekannt für seine wabernden Psychedelic-Songs. Sein drittes Album „Somnium“ verzichtet auf Gesang und ist der Soundtrack zu dem gleichnamigen ersten Science-Fiction-Roman, der vor über 400 Jahren erschienen ist.

Schon Anfang des 17. Jahrhunderts, genauer gesagt 1608, hat der deutsche Astronom und Philosoph Johannes Kepler davon geträumt, zum Mond zu reisen. Im buchstäblichen Sinne, denn er hatte einen Traum, in dem er genau das getan hat. Und diesen Traum hat er in dem Buch Somnium festgehalten. Darin beschreibt er seine Reise sehr detailreich, vieles davon hat sich bei der tatsächlichen Raumfahrt viele Jahrhunderte später bewahrheitet. Diese Zukunftsvision im Traum hat den niederländischen Musiker Jacco Gardner so sehr fasziniert, dass er ihr ein ganzes Album gewidmet hat. Und das heißt genau wie das Buch Somnium.

Echocord und MS 20

Damit man sich selbst so richtig schön wegträumen kann, verzichtet Jacco Gardner in den neuen Songs auf Gesang. Zentrale Bestandteile der Stücke sind das Echoeffektgerät Dynacord Echocord Mini und der analoge KORG Synthie MS 20. Mit beiden hat er viele Stunden gebastelt und gefrickelt. Die beiden stehen zusammen mit noch allerhand anderen Gerätschaften in Gardners eigenem Studio in seiner neuen Heimat Lissabon. Dorthin ist er der Liebe wegen gezogen, aber musizieren tut es sich dort auch ganz gut. Wobei die Stücke auf Somnium nicht so offensichtlich von ihrer Umgebung beeinflusst sind. Der Einfluss ist eher indirekt: Bei langen Streifzügen durch die verwinkelten Gassen von Portugals Hauptstadt konnte sich der 30-Jährige in Ruhe überlegen, wie man Keplers Mondreise in Klänge umsetzt.

Das Ergebnis dieser Überlegungen ist ein gleichzeitig altmodisch und futuristischer Sound – die analogen Synthies summen und gleiten durch den Raum, der Bass tanzt vergnügt. Gardner verwebt elektronische Blips und Blops zu dichten Klangteppichen, die mal poppig-melodiös, mal unscharf-atmosphärisch daherkommen. Benannt hat er die Stücke nach Orten aus dem Buch, wie Levania, Volva und Privola.

Kopfkinosoundtrack

Somnium ist nach Angaben von Jacco Gardner auch ein Tribut an das Albumformat, für das im schnelllebigen 21. Jahrhundert keiner mehr so richtig Zeit hat. Und Zeit nehmen sollte man sich für Somnium. Die retrofuturistischen-Space-Sounds sind der ideale Begleiter zum eigenen Kopfkino und der geträumten Reise zum Mond, Mars oder in die vielen unbekannten Galaxien, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Redaktion