Album der Woche: Sampha – Process

Die Tür zum Inneren

Sampha Sisay hat seine Stimme schon vielen Songs geliehen: von SBTRKT bis Drake und Frank Ocean. Auf seinem Debütalbum „Process“ verarbeitet er den Tod seiner Mutter und macht sich Gedanken über die eigene Sterblichkeit. Aus solchen betrüblichen Themen macht Sampha großartige emotionale Electrosoul-Songs.

Auf der letzten Seite des Booklets strahlt der junge Sampha Sisay den Betrachter an. Er ist vielleicht sechs Jahre alt. Neben ihm steht seine Mutter, sie trägt eine grün-weiße Seidenbluse und lacht in die Kamera. Ihr hat der heute 27-Jährige sein Debütalbum Process gewidmet. Kurz nachdem er seine erste EP Sundanza veröffentlicht, wird bei ihr Krebs diagnostiziert, 2015 stirbt sie an der Krankheit. Und auch Sampha selbst hat mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen: als er mit SBTRKT auf Tour ist, entdeckt er eine Geschwulst in seinem Hals. Trotz vieler Arztbesuche konnte die Ursache dafür bislang nicht geklärt werden. Erlebnisse wie diese verarbeitet Sampha in den Songs auf Process.

Klavier statt TV

Nachdem seine Familie aus Sierra Leone nach England übersiedelt, wächst Sampha Sisay im Südwesten Londons auf. Als er drei Jahre alt ist, bringt sein Vater ein Klavier mit nach Hause, damit sich seine Söhne mal mit etwas anderem beschäftigen als den ganzen Tag fernzusehen. Das funktioniert, vor allem Sampha verbringt viel Zeit an dem Instrument. Durch seine vier älteren Brüder entdeckt er Musik aller möglicher Stilrichungen: von den Strokes über Brian Eno bis Pavarotti und westafrikanischer Wassoulou-Musik.

Nach der Veröffentlichung seiner ersten EP 2010 hat er Gastauftritte bei Künstlern wie Drake, Kanye West und Solange. Er versucht einerseits seine Musikerkarriere voranzubringen, kümmert sich aber gleichzeitig um seine kranke Mutter. Songs wie (No One Knows Me) Like The Piano stammen aus dieser Zeit.

Klackernde Beats und große Gefühle

Angst, Trauer aber auch Liebe bestimmen die Songs auf Process. Sampha transportiert diese Gefühle vor allem mit seiner gleichzeitig rauen und sanften Falsettstimme. Mal nur von einem verträumten Klavier begleitet, mal von wild klackernden Beats umrahmt, steht sie im Mittelpunkt der Songs.

Trotz der betrüblichen Ereignisse, die Sampha in seinen Songs thematisiert – seine Musik ist alles andere als deprimierend. Wer sich vor großen Gefühlen nicht scheut, dem sei Process von Sampha wärmstens empfohlen.

Redaktion