Album der Woche: Sinkane – Mars

Ahmed Gallab hat als Session-Musiker und Tourschlagzeuger von Caribou, Of Montreal und Yeasayer angefangen. Als Sinkane hat er jetzt mit „Mars“ einen sicheren Kandidaten für die Alben-des-Jahres-Listen 2012 herausgebracht.

Frage: Wie viele Instrumente spielen Sie eigentlich? Eins, zwei oder vielleicht gar keins? Bei Ahmed Gallab alias Sinkane müsste die Antwort ungefähr vier oder fünf lauten. Auf seinem Album Mars hat Gallab die meisten Instrumente nämlich selbst eingespielt: Gitarre, Bass, Keyboard und Schlagzeug – er ist seine eigene Ein-Mann-Band.

Als wären das noch nicht genug beeindruckende Fakten, kann Ahmed Gallab auch noch mit einer kosmopolitischen Biographie erster Güte punkten. Geboren wurde er im Sudan als Sohn zweier Universitätsprofessoren, die Ende der 80er in die USA auswanderten. In Ohio ging er aufs College und schloss sich der lokalen Hardcore- und Punkszene an. 2008 schließlich wurde er Tourschlagzeuger bei Caribou. In den folgenden Jahren spielte er außerdem bei Of Montreal und Yeasayer. Aber das alles reichte ihm noch nicht, eine eigene Band musste her, Sinkane war geboren.

Bei Sinkane vereint der 27-Jährige seinen reichen kulturellen Background mit der Hipness seiner neuen Heimat Brooklyn. Ahmed Gallab kombiniert auf seinem Album Mars 70er Jahre Funk, Disco und Jazz mit afrikanischen Rhythmen. Er tut das alles mit ungeheurer Lässigkeit.

Im groovigen Albumopener Running erinnert Gallabs Falsetto nicht zufällig an Curtis Mayfields Superfly. Bei Lady C’Mon und Making Time kommt ein Kanye-West-mäßiger Autotune-Effekt zum Einsatz. Dazu noch ein Gitarrensolo von seinem Kumpel Twin Shadow und fertig ist die globalisierte Vorzeige-Indie-Mukke 2012. Die popkulturelle Sozialisierung sitzt, die Referenzen halten jeder Coolness-Prüfung stand.

Einzig das Titelstück sorgt für leichte Irritation, da es im Grunde nur aus einem ausufernden Querflötensolo besteht. Das ist vermutlich Gallabs Vorliebe für Krautrock der Marke Can geschuldet. Aber auch das lässt man Sinkane durchgehen, denn davon abgesehen klingt Mars entspannt, groovy und allemal tanzbodentauglich.  Zum Albumtitel sagt Gallab selbst, Mars sei die Heimat für alle Heimatlosen. Jeder kann sich dort zu Hause fühlen. Und mit so einem Soundtrack macht das Entwurzelt-Sein doch gleich ein bisschen mehr Spaß.

Redaktion