Nach dem Echo 2016: Haben Musiker eine politische Verantwortung?

Alles nur Schall und Rauch?

Die Band „Frei.Wild“ gilt als rechtsoffen – oder mindestens politisch umstritten. Als die Band 2013 einen „Echo“ bekommen sollte, boykottierten Bands wie Kraftklub, MIA oder Die Ärzte den Preis. Diesmal nun erhielt „Frei.Wild“ die Trophäe – und von Protesten der übrigen Musiker hörte man nichts. Tragen Bands überhaupt eine politische Verantwortung? Und wie ernst sollte man solche Preise überhaupt nehmen? Klaus Walter im Interview.

Courage beim Echo?

Wie ernst man die alljährliche Selbstbeweihräucherung der deutschen Musikindustrie nehmen will, bleibt jedem freigestellt. Für den ein oder anderen Skandal scheint die Verleihung des Echo-Preises allerdings schon noch gut zu sein. Im Gedächtnis geblieben ist vielen sicher vor allem die Veranstaltung von 2013, als Musiker wie die Ärzte oder M.I.A lautstark protestierten: denn die umstrittene Band Frei.Wild war ebenfalls nominiert. Jennifer Rostock und Co. haben sich nicht mit den als rechts geltenden Rockern auf dieselbe Bühne stellen wollen. Daraufhin wurde die Band aus Südtirol wieder ausgeladen.

Beliebige Aufregung

Schaut man jedoch dieses Jahr auf die Verleihung, sucht man derlei Protest vergebens. Nicht nur, dass Frei.Wild ohne Weiteres wieder nominiert wurden – sie haben sogar einen Preis gewonnen. In diesem Licht scheint die Aufregung von 2013 ein wenig beliebig. Doch warum hat es bei der diesjährigen Verleihung keinen Protest von Seiten der Musiker gegeben?

Ich finde das ganz normal, dass beim Echo so eine Art Normalismus einsetzt – Klaus Walter, Kritiker und Musik-Journalist bei ByteFM

Es lohne sich ein Blick in die Politik, um die achselzuckende Gleichgültigkeit der Echo-Verleihungen zu verstehen, findet Klaus Walter. Schließlich hat die AfD erst kürzlich beachtliche Wahlsiege einfahren können. Anders als vor drei Jahren scheint Rechtspopulismus salonfähig geworden zu sein – und in der Folge scheint es weniger verwunderlich, wenn Frei.Wild es dieses Mal zur besten Sendezeit auf die Bildschirme der deutschen Wohnzimmer schaffen.

Den Echo-Preis gar nicht erst ignorieren

So gesehen spiegelt der Echo-Preis vielleicht mehr als nur blanke Verkaufszahlen wieder – und zeigt, was wann aus gesellschaftlicher Sicht akzeptabel und vertretbar ist. Dass es zur Zeit eine fast völkische Heimatliebe zu geben scheint, ist bitter. Noch bitterer mag es einem aufstoßen, dass sich niemand beschwert.

Oder man hält es wie Klaus Walter: Den Echo gar nicht erst ignorieren. Er ist einer der umtriebigsten deutschen Journalisten in Sachen Musik und Popkultur. Im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt hat er erklärt, wie die Frage nach der politischen Verantwortung von Musikern seiner Ansicht nach zu bewerten ist.

Wundern kann man sich da eigentlich nur, wenn man immer noch an das Ammenmärchen glaubt, das Pop per se kritisch oder gar links ist.Klaus Walter 

Redaktion: Richard Hees

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