Courage beim Echo?
Wie ernst man die alljährliche Selbstbeweihräucherung der deutschen Musikindustrie nehmen will, bleibt jedem freigestellt. Für den ein oder anderen Skandal scheint die Verleihung des Echo-Preises allerdings schon noch gut zu sein. Im Gedächtnis geblieben ist vielen sicher vor allem die Veranstaltung von 2013, als Musiker wie die Ärzte oder M.I.A lautstark protestierten: denn die umstrittene Band Frei.Wild war ebenfalls nominiert. Jennifer Rostock und Co. haben sich nicht mit den als rechts geltenden Rockern auf dieselbe Bühne stellen wollen. Daraufhin wurde die Band aus Südtirol wieder ausgeladen.
Beliebige Aufregung
Schaut man jedoch dieses Jahr auf die Verleihung, sucht man derlei Protest vergebens. Nicht nur, dass Frei.Wild ohne Weiteres wieder nominiert wurden – sie haben sogar einen Preis gewonnen. In diesem Licht scheint die Aufregung von 2013 ein wenig beliebig. Doch warum hat es bei der diesjährigen Verleihung keinen Protest von Seiten der Musiker gegeben?
Ich finde das ganz normal, dass beim Echo so eine Art Normalismus einsetzt – Klaus Walter, Kritiker und Musik-Journalist bei ByteFM
Es lohne sich ein Blick in die Politik, um die achselzuckende Gleichgültigkeit der Echo-Verleihungen zu verstehen, findet Klaus Walter. Schließlich hat die AfD erst kürzlich beachtliche Wahlsiege einfahren können. Anders als vor drei Jahren scheint Rechtspopulismus salonfähig geworden zu sein – und in der Folge scheint es weniger verwunderlich, wenn Frei.Wild es dieses Mal zur besten Sendezeit auf die Bildschirme der deutschen Wohnzimmer schaffen.
Den Echo-Preis gar nicht erst ignorieren
So gesehen spiegelt der Echo-Preis vielleicht mehr als nur blanke Verkaufszahlen wieder – und zeigt, was wann aus gesellschaftlicher Sicht akzeptabel und vertretbar ist. Dass es zur Zeit eine fast völkische Heimatliebe zu geben scheint, ist bitter. Noch bitterer mag es einem aufstoßen, dass sich niemand beschwert.
Oder man hält es wie Klaus Walter: Den Echo gar nicht erst ignorieren. Er ist einer der umtriebigsten deutschen Journalisten in Sachen Musik und Popkultur. Im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt hat er erklärt, wie die Frage nach der politischen Verantwortung von Musikern seiner Ansicht nach zu bewerten ist.
Redaktion: Richard Hees