Musikvideo der Woche | Wintersleep mit „Amerika“

Die amerikanische Apokalypse

Wirbelstürme, Kometen und Donald Trump: Wenn es nach dem Musikvideo „Amerika“ von Wintersleep geht, naht den USA das Verderben. Maurice Gajda stellt es vor.

Mit Winterschlaf hat das neue Album der fünf Indierocker aus Kanada nichts zu tun. Kurz nach der Veröffentlichung ihres Albums „The Great Detachment“ kommt nun das Musikvideo zu „Amerika“. Der Song ist gleichzeitig die Eröffnungsnummer von Album Nummer sechs der Band.

Es verstecken sich viele Anspielungen an den Glaubensfanatismus in den USA. – Maurice Gajda, Musikvideo-Kenner

Wer jedoch ein Loblied auf das Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten erwartet, liegt falsch. Mit mächtigen Gitarrenriffs gehen die Jungs den Idealvorstellungen ihrer US-amerikanischen Nachbarn auf den Grund.

„Are you alive, oh my Amerika?“

Die Inspiration für das Lied kommt jedoch aus einem anderen Jahrhundert. Walt Whitmans Gedicht „America“ aus dem Jahr 1888 habe die Vorlage für den Titel geliefert, erklärt Sänger Paul Murphy. Das „c“ gegen ein „k“ ausgetauscht und schon kommt die Nummer zeitgemäß daher – man will schließlich nicht ständig mit Simon & Garfunkel verwechselt werden.

Melancholia 2.0

Regisseur Scott Cudmore hat seine Vorliebe für surreale Produktionen bereits mit Videos für Bands wie Belle and Sebastian, Fucked Up oder Bahamas unter Beweis gestellt. Auch im Musikvideo zu „Amerika“ wird es fantastisch: Glühende Kometen stürzen auf die Vereinigten Staaten herab, Hurrikans verwüsten die Küste. „What am I gonna do? I can’t survive on my Amerika“ bedauert Murphy das Endzeit-Szenario. Anders als in der offiziellen Audioversion besticht der Clip vor allem durch stille Momente. Dafür hat Cudmore die Länge auf kurzfilmige sieben Minuten ausgedehnt.

 Die winterliche Mollstimmung braucht keine großen Effekte. – Maurice Gajda

Aus aktuellem Anlass wird es dann plötzlich ungewohnt politisch: US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump wird ein besonderer Auftritt zuteil. Seine „Make America Great Again„-Floskeln setzt Cudmore mit Zeitlupen und einfachen Bildern in Szene.

Welche Botschaft der Clip über die zukünftige Politik in den USA vermittelt und warum die Charaktere das Video ausmachen, erklärt Musikvideo-Experte Maurice Gajda im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Anna Corves.

Ein bitterböser Sidekick zum Status quo in den USA, denn das Video ist mit einer Trump-Rede verbunden.Maurice Gajda 

Redaktion: Anna-Lena Stumpf

Das Musikvideo der Woche: Wintersleep mit „Amerika“

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