Reingehört: Ja, Panik – Libertatia

Sperrige Albumtitel, Schrammelrock und verkopfte Texte. So hat man die österreichische Band Ja, Panik bisher gekannt. Mittlerweile leben sie in Berlin und besingen einen utopischen Ort namens „Libertatia“, so der Titel ihres neuen Albums. Darauf entdecken sie Disko, Melodien und Pop.

One world, one love, libertatia – das sind Ja, Panik im Jahr 2014. Revolution, wütendes „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ war einmal. Nach Jahren des Dagegen-seins und sich den Frust von der Seele Schreiens hat die Band die Strategie gewechselt. Ihr Blick ist jetzt nach vorne gerichtet bzw. nach Libertatia.

Wo wir sind ist immer Libertatia

Der Ort Libertatia soll auf Madagaskar gelegen haben und eine Art anarchistischer Alterswohnsitz für Seeräuber gewesen sein. Das kann stimmen, muss es aber nicht. Auf jeden Fall ist es eine gute Projektionsfläche für allerlei utopische Gedanken, findet Ja, Panik-Sänger Andreas Spechtl.

Es war wichtig, dass es kein allzu konkreter Ort ist. Was uns an dem Libertatia-Gedanken fasziniert hat, ist auch, dass es nach wie vor nicht geklärt ist, ob es das wirklich gab. Es existiert eher als Idee in einem Buch. Deswegen ist dieser Ort auch unbefleckt und unbesetzt. Wenn wir von „Libertatia“ sprechen und singen, sollte man das aber auch nicht eins zu eins übersetzen mit dem quasi-historischen Libertatia.

Ta-, ta-, tanzen

Eine Revolution ist bekanntlich nichts wert, wenn man dazu nicht tanzen kann. Das haben sich Ja, Panik zu Herzen genommen und ihre Songs in Sachen Tanzflächentauglichkeit ordentlich aufpoliert. Produzent Tobias Levin war dafür genau die richtige Wahl.

Der Sound hat sich auch durch die Produktionsweise ergeben, weil wir diesmal richtig produziert haben, also hintereinander aufgenommen. Wir haben uns für Grooves und Rhythmen interessiert und die Freude an motivischen Wiederholungen, die es ja in Disko oder in Funk-Stücken gibt. Das lebt ja eher davon, dass etwas an Stärke gewinnt, wenn man es wiederholt und intensiver wird. Mit dieser Entscheidung im Hinterkopf haben wir uns bewusst für Tobias Levin entschieden, weil ich niemanden kenne, der das in Deutschland besser beherrscht.

Text vs. Musik

Auf Libertatia findet man soulige Bassläufe, funky Gitarrenlicks und Synthesizerflächen. Das Album war für die zum Trio geschrumpfte Band aber nicht nur was den Sound betrifft ein neuer Anfang. Auch das Texteschreiben ist Andreas Spechtl anders angegangen. Bislang hat er seinen deutsch-englischen Sprachmix auf Biegen und Brechen über die Melodie gezwungen, Versmaß und ähnliches haben ihn wenig interessiert.

Im Gegensatz zu früher, wo beide Elemente so unabhängig voneinander funktioniert haben, hab ich diesmal versucht beim Texte schreiben mehr die Musik mitzudenken, auch was das Inhaltliche angeht. Dass man einfach sagt: Es gibt eben nur diese Silbenanzahl und die muss halt da rein. Im Zweifel kann ich mal ein Wort rauskicken und es für die Musik opfern. Ich habe versucht musikalischer zu texten, vielleicht auch in so einem englischsprachigen Sinne von Popmusik.

Die Generalüberholung ist der Band gelungen. Pop und Politik tanzbar zu vereinen, das geht dank Ja, Panik und Libertatia auch noch im Jahr 2014.

Redaktion