Reingehört: Nneka – Soul Is Heavy

Wenn man Nneka glauben darf, bringt ihr Gesang die Zuhörer reihenweise zum Weinen. Dabei hat Nnekas musikalische Mischung aus Soul, Hip-Hop, Reggae und R’n’B beim ersten Hören eigentlich nichts Sentimentales an sich. Auch ihr neues Album „Soul Is Heavy“ drückt nicht übermäßig auf die Tränendrüse.

Mit 18 Jahren ist Nneka Ende der Neunziger nach Deutschland gekommen. Doch ganz verlassen hat sie ihre Heimat Nigeria nie. Zuletzt hat sie sogar wieder mehr Zeit in Afrika verbracht als in ihrer deutschen Wahlheimat Hamburg.

Nneka lebt zwischen den Welten, und das schlägt sich auch in ihrer Musik nieder. Besonders in ihrem ersten Album von 2005. Damals war sie noch nicht richtig in Deutschland angekommen, wusste nicht, wo sie hingehörte. Die Verstörung darüber hat man dem Debüt angehört, meint Nneka.

Mein aktuelles, drittes Album Soul Is Heavy klingt aufgeräumter als die beiden vorigen. Mittlerweile habe ich akzeptiert, dass ich beides bin: Nigerianerin und Deutsche. Und das finde ich großartig, denn Bob Marley, Malcolm X oder Barack Obama sind schließlich auch von gemischter Abstammung.

Nneka hat sich große Vorbilder gesucht. Und genau wie diese hat sie politische Botschaften im Gepäck, singt besorgt über Afrika, über Korruption, Ausgrenzung und Umweltzerstörung. Mit ihrer Musik will Nneka die Mächtigen wachrütteln. Als politische Aktivistin sieht sie sich aber nicht – dazu fehle ihr das nötige Wissen, bekennt sie.

Ich bin in Nigeria an einem sehr feindseligen Ort aufgewachsen. Deshalb finde ich es ganz natürlich, dass ich heute über die Probleme in der Welt singt. Als Musikerin nur zu unterhalten, wäre mir einfach zu wenig.

Wer Musik mit allzu viel politischer Botschaft weniger mag, kann über die oft schwermütigen Texte auch hinweghören. Denn Soul Is Heavy hat auch musikalisch viel zu bieten: Das Album steckt voller Soul, es klingt nach Hip-Hop, Reggae und manchmal Dubstep. Und Nneka findet immer wieder wunderbar eingängige, warme Melodien. Neu erfunden hat sich Nneka nicht. Dass sie neben Ohrwürmern auch die etwas härtere Gangart noch beherrscht, zeigt zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit Rapper Black Thought von den Roots.


Dennoch scheint ihr etwas die Wut abhanden gekommen zu sein. Auf Soul Is Heavy überwiegen die gefälligen Songs. Vielleicht ein Zugeständnis an die Plattenfirma, die natürlich Hits hören wollte. Auch wenn Nneka das so nicht zugibt:

Meine Plattenfirma hat mir ein paar Mal gesagt, dass ich die Songs nochmal überarbeiten soll, damit sie sich besser verkaufen. Aber am Ende habe ich klargestellt: Hört zu, so klingt meine Musik eben.

Gut so, denn potentielle Singles gibt es genug auf Soul Is Heavy. Trotzdem bewahrt sich Nneka noch ihren eigenen Sound. Das Album ist also ein Kompromiss – aber kein fauler, sondern ein gelungener.

Redaktion