Reingehört: Patrick Wolf – Lupercalia

Wenn es ein Thema gibt, dass die Musik seit jeher dominiert, dann ist es die Liebe mit all ihren Facetten. Einer, der bisher eher die Schattenseiten der Liebe vertont hat ist Patrick Wolf. Mit seinem neuen Album „Lupercalia“ kehrt er der Depression den Rücken zu und besingt die Leichtigkeit des Seins.

Patrick Wolf ist verliebt. Und zwar über beide Ohren. Das hätte man nach seinem letzten Album The Bachelor für unmöglich halten können. Denn darauf hat er gelitten wie ein Hund: Die Einsamkeit verflucht, im Selbstmitleid gebadet und seinen Liebeskummer zelebriert. Mit seinen damals 24 Jahren war er sicher, nie mehr glücklich zu werden. Und nun ist er es doch. Und zwar so glücklich, dass es beinahe weh tut. Patrick Wolf ist sesshaft geworden und hat den Mann fürs Leben gefunden. „I’ve been too long a Rolling Stone“ singt er an einer Stelle. Damit ist nun also Schluss. Das nunmehr fünfte Album strahlt nur so vor Glück und Euphorie.

Ich bin jetzt 27 und wohne endlich in einem eigenem, festen Haus. Ich bin seit drei Jahren in einer Beziehung. Ich habe sehr viel in mich hinein geschaut und bin zur Ruhe gekommen. Ich hatte zwischen den letzten beiden Alben die Zeit, ein richtiges Leben zu führen. Und das war wundervoll.




Dass Lupercalia so lebensbejahend klingt, liegt aber nicht nur an Wolfs inneren, sondern auch an den äußeren Umständen. Für die Albumaufnahmen ist der Engländer an ganz verschiedene Orte der Welt gereist. Der Song Together handelt zum Beispiel davon, wie Wolf allein durch Paris schlendert, kurze Zeit später auf einem Dach in Berlin steht und dann wieder auf der wolkenverhangenen London Bridge. Aber Wolf ist nicht nur durch die europäischen Metropolen gereist, sondern auch und vor allem der Sonne hinterher. Das sollte ihn zum Einen vor einer erneuten Winterdepression bewahren und zum anderen den Sound der Platte aufhübschen.

Ich wollte paradiesische und tropische Ideen in das Album einbringen. Weil wir im Januar und Februar aufgenommen haben, musste ich irgendwo Sonnenschein finden. Vor allem weil es ja ein Sommeralbum werden sollte. Ich bin dann nach Los Angeles gefahren. Da war wunderschöner Sonnenschein. Das ist wichtig für mich, weil ich sehr schnell in eine depressive Stimmung verfalle, wenn ich in London gefangen bin, wo es regnet und sich alle so erbärmlich fühlen. Es war also ein wenig so, dass ich der Sonne überall auf der Welt hinterhergejagt bin.

Es sind vor allem die Streicher und Bläser, die beim ersten Hören sofort ins Ohr springen. Lupercalia ist die erste Platte, auf der Wolf mit einem Kammerorchester zusammengearbeitet hat. Das hat den ganzen Produktionsprozess des Albums verändert.

Es gab ein paar bewusste Entscheidungen, wie keine weiteren Fiedeln zu benutzen und all dieses irische Gepfeife. Das sind Dinge, die man auf „The Bachelor“ mit meiner Familie und meine Herkunft in Verbindung bringen konnte. Das war sehr persönlich und handelte von meinen Vorfahren. Diesmal wollte ich mit einem Arrangeur für Orchester zusammenarbeiten. Wir haben uns dann für ein Streichoktett entschieden. Wir hatten eine Holzbläsergruppe und einen Bläsersektion, anstatt dass ich, wie früher, die Sachen allein in einem Studio auf Spuren schichte.


Die neuen Instrumente machen das Album aber nicht unbedingt interessanter. Sicher sind sie an einigen Stellen reizvoll. Die meisten Songs wirken durch sie aber überfrachtet und erinnern an die Vorspannmelodie einer ZDF-Vorabendserie. Unterstützt wird das Ganze von Drums, über die sich jede Kirmesband freuen würde.

Die Platte ist vollgepackt mit Hits, die im glatten Popgedudel zwischen Lady Gaga und Co nicht auffallen dürften. Und auch textlich trägt Wolf dick auf: Die Stücke triefen nur so vor Schmalz und Kitsch. Wo hat Wolf bloß seine wunderbare Melancholie gelassen? Und den scharfzüngigen Pessimismus, mit dem er der Welt abgeschworen hatte? Ohne missgünstig sein zu wollen, aber die Depression stand Patrick Wolf wesentlich besser zu Gesicht als alles Glück der Welt.