Saitenwechsel: Anton Bruckner – 7. Sinfonie

Die symphonische Riesenschlange

Zu Lebzeiten von Musikkritikern verrissen, heute gefeiert – Anton Bruckner sitzt nicht mit der Elite in den Wiener Kaffeehäusern und schreibt trotzdem Musikgeschichte. Seine 7. Sinfonie, vom Kritiker Eduard Hanslick als „symphonische Riesenschlange“ bezeichnet, ist Teil dieser Geschichte.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

Im Wiener Konzertleben ist Anton Bruckner Ende des 19. Jahrhunderts ein gemachter Mann. Er ist ein angesehener Organist und Lehrer. Doch sein Herzblut fließt in der Sinfonik. Und da fehlt ihm noch die große Anerkennung. Vielleicht auch, weil er nicht mit der Wiener Elite in den edlen Kaffeehäusern verkehrt, sondern in die Tiefen der Bierkeller vordringt. So wird es jedenfalls überliefert. Geht es nach Gewandhaus-Dramaturgin Ann-Katrin Zimmermann, ist Bruckner aber nicht der Naivling, den er immer spielt.

Er hat sich sehr tiefe Gedanken gemacht und war musikalisch hochgebildet. Alles auf einem sehr hohen Reflexionsniveau, aber ohne dieses Standesdünkel des Bildungsbürgertums. Und das hat er in seiner äußerlichen Attitüde auch zu verstehen gegeben.Ann-Katrin Zimmermann 

Im Schleudergang durch den Quintenzirkel

Auch wenn er nicht so richtig dazugehört zu dieser Wiener Musikblase, komponiert Bruckner unbeirrt weiter und schreibt in den Jahren 1881 bis 1883 seine siebte Sinfonie. Seinem Stil bleibt er treu: dramatische Spannungsbögen, endlose Steigerungswellen, manchmal der Verzicht auf eine hohe Ereignisdichte, dann wieder schleudert Bruckner seine Hörer im Quintenzirkel herum, dass einem ganz schwindelig wird.

Als Bruckner an der Sinfonie arbeitet, erreicht ihn die Nachricht vom Tod Richard Wagners, seines großen Vorbilds. Die Trauer über den geschätzten Kollegen lässt Bruckner in die Musik einfließen, auch indem er die Wagnertuben einsetzt – Instrumente, die Richard Wagner 1870 eigens für den „Ring des Nibelungen“ bauen ließ.

Ein Bad in irrer Musik

Die Uraufführung von Bruckners Siebter findet 1884 in Leipzig statt, gespielt vom Gewandhausorchester unter der Leitung von Arthur Nikisch. Heute zählt sie zu Bruckners erfolgreichsten Sinfonien und ist insbesondere hier vom Spielplan nicht wegzudenken. Solo-Pauker Tom Greenleaves ist sich dieser Tradition bewusst. Und auch wenn er bei dieser Sinfonie in den ersten 20 Minuten gar nichts zu tun hat – langweilig wird diese Musik nicht.

In manchen Werken kann das ein bisschen problematisch sein, wenn man so lang auf seinen Einsatz wartet. Bei Bruckners Siebter ist das kein Thema. Es ist ein Geschenk, wenn man da mitten im Orchester sitzt und 20 Minuten in dieser irren Musik baden kann.Tom Greenleaves 

Die 7. Sinfonie in E-Dur ist eine große Sinfonie eines großen Komponisten, der seinen Weg gegangen ist, auch ohne Zwischenstopp im Kaffehaus. Im Saitenwechsel schauen und hören wir uns das Werk genauer an.

Redaktion