Saitenwechsel | Dirigentenlegende Herbert Blomstedt

„Mit Musik kann man sich nicht verstellen“

Er kennt den Dirigentenberuf wohl so gut wie kaum ein anderer. Schließlich steht er seit mehr als 60 Jahren mit den großen Orchestern der Welt auf der Bühne. Herbert Blomstedt denkt mit 91 Jahren immer noch nichts ans Aufhören.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

Dirigent war ursprünglich nicht sein Traumberuf. Als Kind war er versessen auf Sport, war ein „Champion“ wie er im Interview erzählt. Doch er hatte auch Geigenunterricht, erst ohne besonders große Lust, doch dann entfachte ein Geigenlehrer seine Liebe zur Musik. Er ging Zeitungen austragen, um sich ein Schüler-Abo für das Konzerthaus kaufen zu können.

Nach dem Abitur wollte Blomstedt es „einfach mal probieren“, an einer Musikhochschule aufgenommen zu werden, und es klappte. Erst durch Zufall, als er den Studierendenchor dirigieren durfte, entdeckte er seine Freude am Dirigat.

Willensstark und gleichzeitig bescheiden

Seitdem hat er das Sinfonieorchester des Schwedischen Rundfunks geleitet, die Staatskapelle Dresden, die San Francisco Symphony, das NDR Sinfonieorchester und von 1998-2005 das Gewandhausorchester. Seitdem ist er am Leipzger Gewandhaus Ehrendirigent. Wie schafft man es, da bescheiden zu bleiben? Durch die Verehrung der großen Meister, sagt Blomstedt. Auch wenn man als Dirigent in einer Führungs- und Machtposition ist, die Macht sei gefährlich, sagt Blomstedt.

Das ist die Quadratur des Kreises: Man muss gleichzeitig sehr willensstark und selbstbewusst sein, aber auch sehr bescheiden. – Herbert Blomstedt, Dirigent

Er merke schon nach wenigen Tönen, welche Persönlichkeit ein Musiker habe. Und andersherum könne sich auch der Dirigent nicht hinter einer Fassade verstecken:

Wenn das Orchester merkt, er will mehr gelten als er ist, er hat keine Deckung für seinen Willen, dann machen sie nur ihre Pflicht. Dann wird keine Musik entstehen. – Herbert Blomstedt

Mit Noten auf Wanderschaft

Doch der Auftritt auf der Bühne ist nur ein Teil des Dirigentenberufs. Viel Zeit nimmt das Studieren der Partituren ein. Am liebsten nimmt Blomstedt dafür kleine Taschenausgaben, die er mit auf seine Wanderungen nehmen kann.

Wie er es schafft, mit 91 Jahren immer noch so jung zu sein, und welche Musik ihm am nächsten ist, erzählt er im Interview mit Eva Morlang.

Du stehst vor einem Orchester, hundert Mann, fantastische Talente, die haben viel mehr Erfahrung als du. Wenn du da als ein Boss auftrittst, dann bist du schon erledigt.Herbert Blomstedt