Saitenwechsel | Gidon Kremer über Weinberg

„Tragödien, die uns alle betreffen“

Weinbergs Musik ist etwas wichtiges für diese Welt, nicht minder als Schostakowitch und Prokofiev. Das war die Meinung der Komponistin Sofia Gubaidulina in der letzten Folge des Saitenwechsels. Und doch ist Mieczyslaw Weinberg heute in der Musikwelt den meisten unbekannt. Musiker wie Gidon Kremer und Linus Roth wollen das ändern.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

Schon zu Lebzeiten in der Sowjetunion hatte Weinberg aufgrund seiner jüdischen Herkunft Schwierigkeiten aufgeführt zu werden. Und auch in seinen letzten Lebensjahren nach dem Fall der Mauer schafften es seine Kompositionen nicht aus Russland heraus.

Dieses Jahr wäre Weinberg 100 Jahre alt geworden. Viele Musiker, die seine Werke heute lieben und verbreiten, hätten ihn eigentlich noch kennenlernen können. Der Geiger Gidon Kremer hat ihn sogar noch erlebt in seinem Studium in Moskau in den 1960ern. Allerdings nur aus der Distanz. Erst später habe er sein Talent erkannt.

Auf der Suche nach neuem Repertoire für sein Orchester Kremerata Baltica stößt Kremer auf Weinbergs Kammersinfonien und ist begeistert.

Es ist nicht zu verneinen, dass seine Musik in vielen Bereichen Tragik hat, aber das 20. Jahrhundert ist voll von Tragik und insofern ist das eine Musik der Hoffnung, es ist eine persönliche Aussage.Gidon Kremer 

Diese Tragik, das Leid, das Weinbergs jüdischer Familie widerfahren ist, teilt auch Gidon Kremers Vater, wie er im Podcast erzählt.

Weinbergs Musik erzählt Geschichten, die zeitlos relevant sind. Alle Musiker, die sich näher mit ihm beschäftigen, scheinen von der Qualität seiner Musik überzeugt. Und doch ist der Weg in das Repertoire der Konzerthäuser steinig.

So beschreibt es auch der Geiger Linus Roth, der alle Werke Weinbergs für Solo-Geige mit Klavier und Orchester auf CD eingespielt hat, nachdem er seine Musik 2010 entdeckte:

Ein Komponist ist sehr abhängig von uns Musikern, die wir ihn spielen oder nicht. Es ist immer die Frage: hab ich Zeit, hab ich Energie, um diese oder jene Musik einem Veranstalter anzubieten und dafür zu kämpfen, dass ich sie spielen darf.Linus Roth 

Zum einen braucht es also Interpreten wie Linus Roth und Gidon Kremer, die darauf bestehen, Weinberg zu spielen und immer wieder Überzeugungsarbeit leisten.

Es braucht aber auch Informationen zur Biographie des Komponisten, Aufnahmen seiner Werke, Noten müssen auffindbar sein. All das soll durch die Weinberg Society leichter werden, die Linus Roth gegründet hat. Wie er dazu kam, erzählt er in der aktuellen Folge des Saitenwechsels.