Westbam im Interview über 30 Jahre Techno, DJing und Feiern

„Techno war Kohl – und Minimal ist Merkel.“

Er hat Techno in den Neunzigern mit groß gemacht, die Mayday erfunden, als einziger DJ auf allen Loveparades aufgelegt – und mit „Die Macht der Nacht“ ein Buch über 30 Jahre Nachtleben veröffentlicht: Westbam. Warum Techno politisch ist, wieso eben nicht jeder auflegen kann und weshalb DJs heute auch Schauspieler sein müssen, erklärt er im Interview.

The 90s are back in Deutschland: bauchfrei, auf Inline-Skates und im Plüschmantel kommen sie daher. Mit im Gepäck: jede Menge Techno. Nicht erst seit gestern hüpfen und stampfen junge Menschen wieder in Industriehallen und dunklen Kellerräumen zu regelmäßigen Bässen, Synthie-Sounds und Lasereffekten. Und wenn man sich das so anschaut, scheint ein Mann recht zu haben:

Techno ist die größte populäre Massenkultur, die es in Deutschland je gab. – Westbam in „Die Macht der Nacht“

Er ist seit 30 Jahren Teil dieser Massenkultur: Westbam, aka DJ Westfalia Bambaataa. Der Mann, der die elektronische Tanzmusik in Deutschland vom Untergrund in den Salon brachte.

Westbam <3 DA HOOD

Westbam gilt als einer der Ersten, der im Berlin der Achtziger nicht nur Platten aneinanderreiht, sondern diese auch mixt. Die DJ-Kultur ist in Deutschland angekommen. Und Westbam ist einfach überall. Zusammen mit anderen begründet er 1990 die Love Parade, auf der er bis 2008 jedes Jahr auflegt.

Ebenso die Mayday, Deutschlands größter Indoor-Rave. Sein Label „Low Spirit“, 1987 gegründet, gibt lange Zeit den Ton an im Techno-Deutschland der Neunziger. Euphorie, Nächstenliebe und Toleranz: das sind die Werte der Raving Society, die Westbam in der Aufbruchsstimmung der aufsteigenden Jugendkultur „Techno“ vermitteln möchte.

Heute ist Maximilian Lenz, wie der DJ mit bürgerlichem Namen heißt, 51 Jahre alt, lebt mit Frau und Kindern in Berlin und legt im Schnitt einmal die Woche auf. Sein letztes Album erschien 2013, dafür hatte er bekannte Größen wie Iggy Pop oder auch Lil Wayne eingeladen. 2015 kam dann sein Buch heraus: In „Die Macht der Nacht“ erzählt er aus seinem Leben, wilden Raves in Westberlin und einer Zeit, in der eine Ecstasy-Pille noch 70 Mark kostet.

Der schale Geruch von dreitausend Nächten kam mir entgegen. Der Smell von Schweiß, Nikotin, Suff, Gummibärchen, Haarspray, Sex, Drugs, Techno, Asche, Fäulnis, Dreck, Tränen. – aus „Die Macht der Nacht“

Wie steht einer der dienstältesten Techno-DJs Deutschlands heute zu Massenraves und der Elektro-Szene? Warum findet er, dass Techno wie Kohl war und Minimial wie Merkel ist? Und wieso glaubt er nicht, dass er eines Tages zusammen mit Marusha und Dr. Motte in einer schlechten RTL2-Sendung über „Die 100 größten Techno-Hits“ sitzen wird?

detektor.fm– Moderator Christian Eichler hat Maximilian Lenz das und noch mehr gefragt.

Der DJ in den Achtzigern, Neunzigern war’n Typ, wo die Leute die Erwartung hatten, dass er am Ende rausgetragen wird, weil er so besoffen, drüber und druff ist.Maximilian Lenz aka DJ Westbam 

Redaktion: Birthe Kleemann

Redaktion

Moderation