Berliner Republik | Ehe für alle

Ehekrach in der Großen Koalition

Die Debatte um die „Ehe für alle“ wird weiter hitzig geführt. Die Große Koalition streitet sich darüber. Während die linke Mehrheit im Bundesrat auf eine vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften drängt, kommt es im Bundestag durch einen Zwischenruf zu einem Eklat. Und auch im Unionslager regt sich allmählich Widerstand.

„Ehe für alle“ bleibt Streitthema

Der Ehekrach in der Großen Koalition hält an. Es geht nach wie vor um die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit denjenigen zwischen Mann und Frau. SPD, Grüne und Linkspartei setzen im Bundesrat mit einem „Entschließungsantrag“ die Bundesregierung unter Druck und wollen die Ehe für schwule und lesbische Paare öffnen. Zusätzlich haben die SPD-regierten Bundesländer einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Ehe für homosexuelle Paare öffnen soll. Bei einem Erfolg würde der Entwurf die Große Koalition dazu zwingen, im Bundestag über die „Ehe für alle“ abzustimmen. Eine solche Abstimmung könnte zur offenen Zerreißprobe für die Regierung in Berlin werden.

Der Schlagabtausch wird härter

Die Debatte wird immer emotionaler. Im Bundestag haben die Abgeordneten vergangene Woche über die Einführung der „Ehe für alle“ diskutiert. Dort ist es zu einem äußerst ungewöhnlichen Eklat gekommen. Staatsminister Michael Roth (SPD) thematisierte die Kinderlosigkeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und das direkt von der Regierungsbank aus. Seine Bemerkung konnte sich Roth wohl aufgrund der Rede des CDU-Abgeordneten Helmut Brand nicht verkneifen. Dieser betonte, die Ehe beruhe auf dem Prinzip der Fruchtbarkeit und begründete es damit,  „dass die klassische Ehe zwischen Mann und Frau doch dazu führt, […] dass man sich fortpflanzt“. Daraufhin rief Roth dazwischen:  „Und was ist mit der Bundeskanzlerin?“

Zwischenrufe im Parlament sind nur Abgeordneten, aber nicht Regierungsvertretern erlaubt. Inhaltlich verteidigte Roth seinen Kommentar. Für ihn dient die Ehe in erster Linie nicht allein der Fortfpflanzung, sondern sei das Bekenntnis zweier Menschen, dass sie lebenslang füreinander einstehen wollen. Zudem gibt es laut Roth viele kinderlose Ehen, wie eben auch die der Bundeskanzlerin. Die Gründe dafür gingen den Staat allesamt nichts an. Roth wollte mit seinem Zwischenruf zum Ausdruck bringen, mit welchen fragwürdigen Argumenten die Debatte um die gleichgeschlechtliche Ehe geführt wird. Im Parlament hat die Bemerkung für Irritationen gesorgt. Es bleibt offen, ob der Zwischenruf nun ein Nachspiel haben wird.

Die Fassade bröckelt

Bundeskanzlerin Merkel und große Teile der Union sind weiterhin gegen eine vollständige Gleichstellung von homosexuellen Paaren. Viele Unionspolitiker wollen die Ehe als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau erhalten. Heftige Gegenwehr gibt es von SPD, Grünen, Linken und FDP. Doch auch innerhalb der CDU wächst der Widerstand. So ist jüngst der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler für die Ehe homosexueller Paare eingetreten. Bei einer solchen Gewissensentscheidung dürfe nicht auf die Fraktionsdisziplin gepocht werden, fordert er.

Die Debatte um die „Ehe für alle“ bleibt intensiv und erhitzt merklich die Gemüter im politischen Berlin. Über den Stand der aktuellen Diskussion hat detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf mit Alexander Görlach, dem Herausgeber des Debatten-Magazins „The European“, gesprochen.

Wenn Spanien und Irland – klassischer Weise aus unserer Sicht gut katholische Länder – da schon weiter gegangen sind als wir in Deutschland. Dann ist natürlich die Frage der Befürworter vollkommen legitim: Frau Bundeskanzlerin, Sie müssen sich jetzt auch bewegen.Alexander Görlach 

Redaktion: Carsten Jänicke

 

 

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