Zwischen Stärke und Autorität

Das Demokratieverständnis des Recep Tayyip Erdogan

Er verbietet Twitter und blockiert Youtube: der türkische Ministerpräsident Erdogan. Das findet die Mehrheit der türkischen Bevölkerung scheinbar ok, denn bei den jüngsten Komunalwahlen hat seine Partei, die AKP, die meisten Stimmen bekommen.

Gestern wurden die Ämter in den türkischen Kommunen neu vergeben. Dabei ist die Mehrheit an Politiker der islamistisch-konservativen AK-Partei von Ministerpräsident Erdogan gegangen. Ein wichtiger Sieg für Erdogan, der diese Wahlen im Vorhinein auch zum persönlichen Referendum für seine politische Zukunft erklärt hat.

Demokra-wie?

„Erdogan ist im Moment von Großmannssucht bedroht. Eine ganz große Gefahr, weil er sich auch gerne mit Sultan Süleyman vergleicht, dem berühmtesten Sultan der osmanischen Zeit.“Lale Akgün 

Als Demokratie bezeichnet man gemeinhin ein politisches System, bei dem das Volk eine wesentliche, mitbestimmende Funktion einnimmt. Die so gewählten Vertreter des Volkes erkennen in der Regel die politische Opposition im Land an und binden sie bei Diskussionen – zwar kritisch, aber auf Augenhöhe – mit ein.

Ministerpräsident Erdogan scheint eine andere Auffassung dieser Staatsform zu haben: Wahlen ja, politische Gegner nein. In seiner gestrigen Rede hat er öffentlich bekundet, dass seine politischen Gegner jetzt bestraft würden.

Wie genau der Ministerpräsident eigentlich den Begriff Demokratie versteht und welche Ziele er für die Türkei hat, darüber haben wir mit Lale Akgün gesprochen. Sie ist Psychologin, Medizinerin und setzt sich seit Jahren für eine freiere muslimische Gesellschaft ein.