Das Forschungsquartett | Tattoos als Massenphänomen

Konserviert für die Ewigkeit

Tattoos sind lange Zeit gesellschaftlich verpönt gewesen. Inzwischen sind sie so beliebt wie nie. Warum ist das so? Über das Tattoo als Massenphänomen.

Tattoos – in der Mitte angekommen

Piraten, Prostituierte, Kriminelle – das Tattoo galt lange als Körperschmuck der Verruchten. Davon kann heute keine Rede sein. Jeder fünfte Erwachsene in Deutschland ist tätowiert, so eine aktuelle repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Tattoos sind also in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Man könnte auch sagen, sie sind ein Massenphänomen. Wie ist das passiert?

Gegen die Veränderung

Laut dem Soziologen Oliver Bidlo hat diese Veränderung in der Wahrnehmung in den 90er Jahren begonnen. Zum einen über die Popkultur: Musikerinnen, Sportler und Stars fingen an, Tattoos zu tragen, die Massenmedien verbreiteten den Trend. Zum anderen nahm zur gleichen Zeit die Globalisierung an Fahrt auf, die zu starken gesellschaftlichen Umbrüchen führte. In diesen unsicheren Zeiten werde das Tattoo zu einem Anker, das Veränderungen widerstehe, so Bidlo.

Ein Tattoo konserviert

Tattoos sind damit etwas zutiefst Konservatives.

Der Begriff des Konservierens beschreibt genau das, was ein Tattoo ist: Es konserviert einen Gedanken, eine Idee oder auch biografische Begebenheiten.

Dr. Oliver Bidlo, Soziologe

All das soll festgehalten und vor der Veränderung bewahrt werden. Auch wenn es inzwischen möglich ist, Tattoos zu entfernen: Sie werden immer mit dem Gedanken gestochen, dass sie für die Ewigkeit bestehen werden.

Warum das Tattoo ein theatrales Zeichen ist, welche Rolle Individualität und Abgrenzung bei Tattoos spielen und welche Bedeutung dem Tätowierer oder der Tätowiererin zukommt, hat detektor.fm-Moderatorin Amelie Berboth mit dem Soziologen und Kommunikationswissenschaftler Oliver Bidlo besprochen.