Hongkong: Proteste der Studenten in China

Im Zeichen des Regenschirms

Die Welt schaut in diesen Tagen auf die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. Am Wochenende sind dort mehrere tausend Bürger, in erster Linie Studenten, auf die Straße gegangen. Sie fordern freie Wahlen.

Seit Kurzem steht die Welt in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong Kopf. Denn am Wochenende haben mehrere tausend Menschen gegen die Pläne der chinesischen Regierung, das Wahlrecht zu verändern, demonstriert. Dabei haben die Demonstranten auch das Hongkonger Finanzviertel besetzt und sind von der Polizei mit Tränengas angegriffen worden.

Anders als im Rest Chinas ist ein derartig brutales Vorgehen der Sicherheitskräfte für die Hongkonger Bevölkerung sehr ungewohnt. Die Polizei hatte hier zuletzt während des WTO-Gipfels 2005 Gewalt angewendet. Hongkong war auch vor der Rückkehr nach China kein demokratisches Land, sondern blickte auf eine fast 150 jährige Kolonialgeschichte mit dem Vereinigten Königreich zurück. Hier wird es kompliziert. Für viele im Westen scheint Hongkong ein natürlicher Partner und Verfechter von Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit. Und das obwohl in Hongkong noch nie frei und demokratisch gewählt worden ist.

Wenn die Verhältnisse reif sind, wird Hongkong demokratisch

Der Chief Executive, das Stadtoberhaupt Hongkongs, wird durch ein Wahlgremium, welches vornehmlich aus chinatreuen Gefolgsleuten zusammengesetzt ist, bestimmt. Nach dem Motto „One man, one vote“ gibt, die in der chinesischen Volkskammer beschlossene Wahlrechtsreform, allen Hongkonger Bürgern die Möglichkeit zu wählen. Allerdings wird diese politisch-gesellschaftliche Wende durch die chinesische Führung sofort wieder eingeschränkt, indem das Wahlgremium die zur Wahl stehenden Kandidaten selbst benennt. Die Bürger Hongkongs können in Zukunft darüber entscheiden, welchem festlandtreuen Kandidaten sie ihre Stimme geben. Für viele Menschen in der Stadt steht fest, dass sie sich eine solche Wahlfarce nicht bieten lassen wollen. Das Symbol der Occupy-Central-Bewegung ist der Regenshirm, eigentlich aus Schutz vor dem Tränengas der Polizei gedacht, drückt er jetzt die Hoffnung vieler Menschen in Hongkong auf eine demokratische Zukunft aus.

Anna Ahlers von der Universität Oslo hat über die außergewöhnliche Beziehung der Volksrepublik China zu ihrer autonomen Verwaltungszone Hongkong und mögliche Folgen für die Demokratisierung in China mit uns gesprochen.  Ahlers ist Chinawissenschaftlerin und beschäftigt sich mit Demokratie und Politik im asiatischen Raum.

Hongkong war auch vor der Rückkehr zur Volksrepublik China kein demokratisches Paradies. Nichtdestotrotz sind die demokratischen Forderungen der Studenten und der Occupy-Central-Bewegung sehr ernstzunehmen.