Kampf um Raqqa: IS in der Defensive

Ein Zeichen für Entwarnung?

Der selbsternannte „Islamische Staat“ gerät weiter unter Druck. Nach der Befreiung von Mossul wird der Kampf um die syrische Stadt Raqqa immer heftiger. Doch welche Rolle spielen die Gebietsverluste überhaupt?

Raqqa und Mossul – Städte mit Symbolkraft

Laut Amnesty International sind seit Juni hunderte Zivilisten im Kampf um Raqqa getötet oder verletzt worden. Das liegt vor allem daran, dass der IS die Bewohner Raqqas als menschliche Schutzschilder missbraucht. Sprengfallen hindern sie daran, die Stadt zu verlassen – und sind dadurch den Bomben der Anti-IS-Koalition ausgeliefert.

Der Kampf um Raqqa macht aber auch eines deutlich: Die Terrormiliz ist extrem unter Druck geraten. Bereits im Juni konnte die Anti-IS-Koalition nach monatelangen Kämpfen das irakische Mossul befreien. Diese Stadt hat eine große symbolische Bedeutung, da dort der IS-Anführer al-Baghdadi 2014 das Kalifat ausgerufen hatte.

Die syrische Stadt Raqqa ist nicht minder bedeutsam. Sie ist seit 2014 die inoffizielle Hauptstadt des Islamischen Staates und fast völlig abgeschottet. Nur selten dringen Video- oder Fotoaufnahmen nach draußen. Die Stadt, in der sich vermutlich etwa 4.000 IS-Kämpfer befinden, ist mittlerweile seit Monaten von der Anti-IS-Koalition eingeschlossen.

Gefahr bleibt groß

Der Verlust von Städten und Territorien hat vor allem zwei Folgen für den IS: Zum einen verschwindet eine wichtige Einnahmequelle. Denn um Geld aus Ölverkäufen oder Zöllen einzunehmen, brauchen die Dschihadisten vor allem Land. Zum anderen geht aber auch die Anziehungskraft für ausländische Kämpfer verloren.

Der IS steht definitiv erheblich unter Druck. Die Behauptung, dass die Errichtung eines weltweiten Kalifats unmittelbar bevorsteht, wird durch diese extremen Gebietsverluste konterkariert. – Prof. Henner Fürtig, Direktor des GIGA Instituts für Nahost-Studien

Dennoch ist die Gefahr, die vom IS ausgeht, weiterhin groß. Denn viele Anschläge werden von Einzeltätern begangen, die sich in ihren Heimatländern radikalisieren. Und trotz der Gebietsverluste haben der IS und seine Unterstützer weltweit immer noch zahlreiche Territorien unter ihrer Kontrolle.

Über die aktuelle Lage hat detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop mit Henner Fürtig gesprochen. Er ist Direktor des GIGA Instituts für Nahost-Studien.

Wenn man es nur auf Symbolik reduziert, war Mossul wahrscheinlich ein noch größerer Verlust als es jetzt möglicherweise Raqqa wird.Prof. Henner Fürtig 

Redaktion: Lukas Gilbert

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