Präsidentschaftswahl in Iran: Rohani gegen Raisi

Mitbestimmung gleich Null?

Am Freitag sind Präsidentschaftswahlen in Iran. Der amtierende Präsident Rohani tritt gegen Raisi an, der als wesentlich konservativer oder sogar fundamental gilt. Was bedeuten die Wahlen für die iranische Bevölkerung? Hat das Land Potenzial zum politischen Wandel?

Über tausend Kandidaten registriert

Für die Präsidentschaftswahl in Iran, die morgen stattfindet, haben sich 1.636 Kandidaten registriert. Darunter 137 Frauen. Wenn man diese Zahlen liest, irritiert das. Es mag so gar nicht zum Klischee des islamisch-theokratischen Staates passen, dass die politische Partizipation, sogar von Frauen, so enorm hoch ist.

Doch der Schein trügt. Der sogenannte Wächterrat, bestehend aus Geistlichen und Juristen, entscheidet über die Eignung der Kandidaten. Es werden also nur diejenigen zur Wahl zugelassen, von denen man Regimetreue erwarten kann.

Eigentlich ist das Augenwischerei. Es ist zwar richtig, dass sich sehr viele Leute angemeldet haben. Aber im Endeffekt sind viele nicht ernstzunehmende Kandidaten. Und das System versucht durch diese hohe Zahl zu suggerieren, dass man sehr große Legitimität hätte. – Ali Fathollah-Nejad, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

Rohani oder Raisi – es gibt Unterschiede

Der amtierende Präsident Hassan Rohani wird von außen als moderater Politiker wahrgenommen. Während seiner Amtszeit konnte der jahrelange Streit um das iranische Atomprogramm beigelegt werden. Damit hat sich das Land politisch geöffnet und die eigene Wirtschaft kräftig angekurbelt.

Doch auch in dieser Entwicklung steckt der Teufel im Detail. Denn das Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent kommt nicht bei der breiten Bevölkerung an. Immer noch lebt gut die Hälfte der Iraner an der Armutsgrenze und deren Frustration über den ausbleibenden Aufschwung spielt dem politischen Gegner in die Karten.

Ebrahim Raisi, ein Geistlicher mit gutem Ruf auf dem Gebiet der Wohlfahrt, ist für Rohani ein ernstzunehmender Gegner. Sein politisches Lager wirft dem amtierenden Präsidenten vor, nur Politik für die Elite zu betreiben. Raisi selbst hält sich mit Kritik zurück und vermittelt so den Eindruck, über politischen Streitigkeiten zu stehen.

Doch ob sein Kalkül der weißen Weste aufgeht, ist umstritten. In den 1980er-Jahren war er an der Hinrichtung tausender Dissidenten beteiligt. Deswegen befürchten viele Wähler, durch Raisi könnte ein reaktionärer Kurs in der Innen- und Außenpolitik eingeleitet werden.

Ein blaues Auge für Rohani?

Dr. Ali Fathollah-Nejad, Fachreferent der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, schätzt Raisis Chancen bei der morgigen Wahl nicht allzu hoch ein:

Vielleicht wird Rohani nicht wirklich für seine misslungene Wirtschaftspolitik abgestraft. Der Kontrahent ist zu reaktionär. Raisi hat einen sehr problematischen Background und war involviert in politische Repressionen innerhalb der Islamischen Republik. Das ist natürlich für viele Iraner abschreckend.

Im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer erzählt Ali Fathollah-Nejad, was für Aussichten die Iranische Bevölkerung durch die Präsidentschaftswahlen hat und warum man trotzdem nicht von einer fairen Wahl sprechen kann.

Die einzig akzeptierte politische Kultur des Landes sind verschiedene Couleurs innerhalb des islamistischen Spektrums.Dr. Ali Fathollah-Nejad 

Redaktion: Charlotte Muijs

Moderation